Ist jemand in Christus, dann ist er eine neue Schöpfung - 2.Kor.5,17

Welchem „Christen“ ist diese elementare Aussage des Apostels Paulus nicht bekannt. Sie ist Perspektive und herrliche Hoffnung zugleich. Und nach herkömmlicher Übersetzung enthält dieser Vers zudem noch die Verheißung, dass das Alte vergangen und „alles“ neu geworden ist. Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass anscheinend in Nullzeit unsere Vergangenheit gelöscht ist – wie etwa der Speicher eines modernen Datenträgers – und alles wieder von vorne beginnt. Oder in Computersprache ausgedrückt: Der ganze Datenträger wird neu formatiert.

Doch diese Meinung ist leider in der Praxis eine Utopie und zudem eine gefährliche religiöse Illusion, die so manch einen aufrichtigen „Christen“ in die Resignation und Hoffnungslosigkeit getrieben hat. Denn diese Übersetzung ist realitätsfremd. Deshalb gibt es auch kaum wirklich neue Schöpfungen unter dem vermeintlichen Volk Gottes. Den Menschen wird gepredigt, dass sie nur Jesus Christus als Erlöser annehmen bräuchten – und schlagartig sei alles neu geworden und ihre gesamte Vorgeschichte ebenso in Nullzeit eliminiert. Doch was sagt Paulus tatsächlich?

Wie üblich in seinen Briefen differenziert Paulus laufend zwischen dem objektiven Blickwinkel Gottes und dem subjektiven Erfahrungszustand des einzelnen Gläubigen. Herrliche Wahrheit ist, dass der ewige Gott durch Sein geniales Erlösungswerk in Seinem Sohn Jesus Christus sämtliche Voraussetzungen geschaffen hätte, dass jeder Mensch eine neue Schöpfung sein könnte. Doch der Weg dazu heißt nicht Bekehrung, denn diese entspricht einer eigenen religiösen Leistung. Sie ist nur Startpunkt einer Entwicklung, die später zu wesentlich tieferen Glaubenshandlungen führen sollte.

Paulus schreibt nicht: „Wer sich bekehrt und Christ wird, ist eine neue Schöpfung.“ Er definiert vielmehr explizit einen geistlichen Zustand, der nur durch den Glauben erfasst und eingenommen werden kann: „Ist jemand in Christus“. Zwischen einer Bekehrung und dem Sein in Christus liegen tatsächlich Welten. Bekehren könnte sich theoretisch jeder – doch in Christus sein ist ein völliger anderer Zustand, der letztlich nur den Auserwählten in Christus der Erfahrung nach zusteht.

Gemäß dem Evangelium des Christus, wie es Paulus gezeigt wurde, hat der ewige Gott am Kreuz den Menschen prinzipiell in Christus eingesetzt – oder Jesus Christus in den Menschen eingesetzt. In der Folge sieht Gott den Menschen immer als „in Christus“. Was immer Jesus Christus am Kreuz vollzog, vollbrachte Er für den Menschen. Was Er erlebte, erfuhr aus Gottes Sicht auch der Mensch. Was Jesus Christus erwarb, erwarb Er für den Menschen. So heißt es beispielsweise im gleichen Kapitel: Denn die Liebe Christi drängt uns, da wir zu diesem Urteil gekommen sind, dass einer für alle gestorben ist [und] somit alle gestorben sind (2.Kor.5,14). D. h. durch das Werk Christi sieht der ewige Gott alle Menschen als mit Seinem Sohn gekreuzigt, gestorben und auferweckt. Das entspricht Seinem objektiven Blickwinkel. Hätte Er nicht in Christus in jener Weise gehandelt, müsste es der Mensch selber durch eigene, religiöse, gesetzliche Leistungen erzeugen – und das funktioniert niemals, wie das Beispiel Israel und die Juden eindrücklich und tragisch zugleich belegt.

Das Prinzip im Neuen Testament (Neuen Bund) heißt: GnadeGeschenkGlaube. Gott schenkt dem Menschen jede Stellung und jede Verheißung in Christus – aus reiner Gnade. Nun erwartet Er vom Menschen nur noch eine Handlung: Seinen Standpunkt im Glauben einzunehmen. Der Mensch muss mit Gottes Blickwinkel und Meinung durch ein entsprechendes Glaubensbekenntnis übereinstimmen – und das ist gleichsam die Definition wahren Glaubens. Jeder andere Weg im Neuen Bund ist ausgeschlossen und endet in der religiösen Illusion.

Mit anderen Worten: Die alles entscheidende Aktion ist, dass ein Mensch der Erfahrung nach in Christus hineinkommt. Praktisch heißt dies, dass er sich jedes einzelne Verheißungsgut, das uns der Herr Jesus Christus durch Seinen Glauben erworben hat, im kindlichen Glauben aneignet. Weil alle Verheißungen in Christus Ja und Amen sind (2.Kor.1,20), müssen sie nun einzeln abgeholt werden. Nur so kommt man der Erfahrung nach in Christus hinein. Jede einzelne Erfahrung von Jesus Christus muss unsere eigene Erfahrung werden – und das ist nur durch den Glauben möglich. Was nicht abgeholt und beansprucht (oder aktiviert) wird, gehört uns niemals.

Weil Jesus Christus der neue Mensch ist, sind alle Menschen, die wirklich der Erfahrung nach in Ihm sind, ebenfalls neue Menschen – eben neue Schöpfungen, neue Kreaturen. Sie sind es nur deshalb, weil Jesus Christus ihr Leben ist und in ihrem Leben anwesend ist. Doch in Christus sein ist nicht eine einmalige, punktuelle Erfahrung – es muss ein bleibender Zustand sein. Jesus Christus hat in Joh.15,4 klar gesagt: Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann, sie bleibe denn am Weinstock, so auch ihr nicht, ihr bleibt denn in mir. Das heißt, wir sind nur solange neue Menschen, wie Jesus Christus in uns anwesend ist. Und um dies sicherzustellen, müssen wir in Ihm bleiben – von jetzt an bis zu unserem Ableben.

Ferner steht in 2.Kor.5,17 in Wahrheit nicht, dass „alles“ neu geworden sei. Der Text redet lediglich davon, dass Neues“ geworden ist. Wenn wir Jesus Christus erkennen, d. h. unseren objektiven Stand in Ihm – oder Gottes Blickwinkel – beginnt nämlich erst die kontinuierliche Neuwerdung. Sie wird genannt: Die Umgestaltung oder die Umwandlung in das Bild von Jesus Christus, dem wahren neuen Menschen (2.Kor.3,18; Phil.3,21). Es läuft faktisch eine permanente Metamorphose vom alten in den neuen Menschen ab – vorausgesetzt, wir sind in Christus und bleiben dann in Ihm. Und dieser geistliche Vorgang wird als „Heiligung“ definiert (2.Kor.7,1). Wer in der Heiligung gehorsam durch den Glauben vorwärts schreitet, wird quasi immer „neuer“, und das Alte wird immer mehr entmachtet. Am Ende wird ein Mensch dem Herrn Jesus Christus gleich sein (1.Joh.3,2) – vorausgesetzt, er war und er blieb in Christus.

Schließlich noch kurz zur Behauptung, dass bei einer Bekehrung alles Alte ausgelöscht sei. Diese Meinung ist in evangelikalen Kreisen allgegenwärtig. Folglich müsste ein „Christ“ auch seine Vorgeschichte nicht mehr klären. In der Praxis ist dies leider ein fataler Fehlschluss. Gottes Wort widerspricht sich niemals. An diversen Orten finden wir direkt oder indirekt die Aufforderung, unser früheres Leben sorgfältig zu klären und zu bereinigen. Einen sorgfältigen Nachweis dazu finden Sie in unserer Broschüre „Heilende Seelsorge und in unserem Seelsorgebuch Nr. 1 „Heilung durch Biblische Intensiv-Seelsorge“.

Wahrheit ist: In Christus sind sämtliche Voraussetzungen geschaffen, dass ein Mensch seine gesamte alte Vorgeschichte klären und dann völlige Befreiung, Heilung und Vergebung erfahren darf. Dadurch ist in Christus das Alte vergangen. Durch die anschließende lebenslange Heiligung durch das Leben und Bleiben in Christus kommt dann immer mehr die neue, göttliche Natur, das neue Leben – eben Jesus Christus in uns zum Vorschein (2.Pt.1,4). Dabei ist alles völlig unverdiente Gnade, ein reines Geschenk des himmlischen Vaters in Seinem Sohn Jesus Christus an bußfertige und aufrichtige Menschen. Gott sei Dank für seine unaussprechliche Gabe! (2.Kor.9,15).


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