In Ihm seid ihr auch beschnitten worden … in der Beschneidung des Christus − Kol.2,11

Im ganzen Wort Gottes finden wir einen Begriff, resp. eine Handlung, die viele mit Unverständnis, Schamgefühl oder gar Ekel erfüllt. Es geht um die so genannte „Beschneidung“. Medizinisch gesehen ist die Angelegenheit schnell abgehandelt. Nach jüdischem Gesetz sollen alle männlichen Kleinkinder an der Vorhaut ihres Geschlechtsteils beschnitten werden. Gewisse Mediziner sehen darin gar einen Vorteil, weil auf diese Weise das Übertragen bestimmter Krankheitskeime verhindert wird.

Doch geistlich gesehen ist das Thema wesentlich anspruchsvoller − in letzter Konsequenz geht es um Leben oder Tod! Der HERR sagte nämlich zu Abram, dass jede Seele aus Israel oder den Juden ausgerottet werden soll, die nicht am Fleisch seiner Vorhaut beschnitten wurde (1.Mo.17,14). Damit läuft das Beschneidungsgesetz im Prinzip auf der gleichen Ebene, wie das Sabbatgebot. Auch auf diesem jüdischen Gesetz steht beim Nichtbeachten die Todesstrafe (2.Mo.31,14). Weil sich im Neuen Testament alle mosaischen Gesetze in Christus erfüllen, können wir sicher sein, dass in dem Beschneidungsgesetz eine zentrale geistliche Wahrheit eingebettet ist, die wir unbedingt verstehen und v. a. anwenden müssen. Denn geistlich gesehen geht es erneut um Leben oder Tod!

Nun, die Juden haben den tiefen geistlichen Sinn der Beschneidung nicht verstanden, weil eine Decke auf ihrem Herzen liegt (2.Kor.3,14-16). Sie können also den Bezug zu Christus nicht begreifen − ebenso wenig, wie viele „christliche“ Gesetzeslehrer in unseren Tagen. Bereits in Apg.15,5 wurde die äußere Beschneidung von falschen Lehrern als heilsnotwendig für die Gläubigen aus den Nationen hingestellt. Der Apostel Paulus hatte immer wieder große Mühe, den Gläubigen bestimmte geistliche Wahrheiten zu vermitteln. Lieber hielten sie nämlich das Gesetz der äußeren Beschneidung, als den inneren geistlichen Sinn zu verstehen und anzuwenden. Doch dadurch wurden sie von Christus abgetrennt und fielen sie aus der Gnade − ein furchtbares Verdikt (Gal.5,4).

Der HERR sagte klar, dass die Beschneidung für die Juden und Israel ein Bundeszeichen ist (1.Mo.17,10-14). Jeder jüdische Mann und Israelit sollte also aufgrund der Beschneidung ständig an den Bund zwischen Gott und Abraham erinnert werden. Warum dieses Bundeszeichen ausgerechnet am Geschlechtsteil und nur bei den Männern gewählt wurde, darüber lässt sich nur mutmaßen. Eine Beschneidung ist eine gewisse Verstümmelung und damit ein ständiges Erinnerungszeichen oder geistliches Reden an einen jüdischen Mann. Und es trifft vermutlich deshalb den Mann, weil er einerseits das geistliche Haupt sein soll, der in Verantwortung gegenüber seiner Frau handeln soll. Andererseits laufen die schlimmsten moralischen Verfehlungen bekanntlich auf sexuellem Gebiet ab. Die Beschneidung könnte also auch eine permanente Warnung für den Mann sein.

Doch für uns im Neuen Bund stehen ganz andere Zusammenhänge im Vordergrund. Bei der Beschneidung geht es um den schlimmsten Abgrund der menschlichen Natur oder des menschlichen Wesens und Herzens: das gefallene Fleisch. Dieser Begriff wird v. a. von Paulus verwendet. Im Nahzusammenhang steht „Fleisch“ nicht für Muskelgewebe − also etwa ein Kilogramm Rindfleisch − sondern für das verdorbene und gefallene menschliche Wesen. Wie sich dieses gebärdet, fasst Paulus in Gal.5,19-21 treffend zusammen. „Fleisch“ ist ein ausgewechselter Begriff für die Sünde, in deren Versklavung wir alle gefangen sind. Paulus verwendet Ausdrücke wie „Leib der Sünde“ (Röm.6,6), oder Leib (Körper) des Fleisches (Kol.2,11). „Fleisch“ ist damit der Inbegriff für die gesamte Gefallenheit und Verdorbenheit des Menschen.

Nun ist es eine geistliche Tatsache, dass jeder Mensch unter die Macht der Sünde oder seines Fleisches verkauft ist (Röm.7,14). Gegen die Macht des verdorbenen, gefallenen Fleisches (die menschliche Natur) kommt kein Mensch (auf die Dauer) an. Dagegen ist die äußere Beschneidung an der Vorhaut völlig machtlos. Sie löst kein einziges geistliches Problem − oder schafft höchstens noch neue. Im Gesetz oder Gebot ist keine Kraft zur Lösung geistlicher Probleme. Sämtliche Gesetze und Gebote sind nur „Schattengebilde“, die allesamt auf Jesus Christus hinweisen (Kol.2,17).

Und genau diesen Zusammenhang nimmt Paulus in Kol.2,11 ff. auf. Es besteht eine direkte Verbindung zwischen Jesus Christus und der tiefen geistlichen Bedeutung der Beschneidung. Jesus Christus wurde zwar äußerlich beschnitten, um das Gesetz zu erfüllen (Lk.2,21). Aber die wahre Beschneidung des Christus geschah am Kreuz von Golgatha. Und diese ist für uns von allerhöchster Bedeutung. Jesus Christus musste das Problem der Sünde und des gefallenen menschlichen Fleisches ein für allemal lösen. Deshalb wurde Er für uns zur Sünde gemacht (2.Kor.5,21) und im menschlichen Fleisch gerichtet − an unserer Stelle. Durch das Sterben am Kreuz hat der Herr Jesus Christus sowohl die Sünde entmachtet, als auch die ganze Verdorbenheit und Verlorenheit des menschlichen Fleisches „abgestreift“. Er hat durch sein Sterben dem menschlichen Fleisch die Macht genommen, zerstörend und verderblich zu handeln.

Damit sind wir im Zentrum des Evangeliums des Christus angelangt, wie es Paulus dann u. a. ab Kol.2,11 ff. in genialer Weise erklärt. Das ganze Handeln von Jesus Christus geschah nicht für Ihn, sondern für den Menschen. Es war ein objektives, vorgreifendes Handeln nach den Prinzipien der Gnade Gottes. Jesus Christus hat durch sein Sterben u. a. der Sünde und dem Fleisch die Macht zur Zerstörung genommen. Als Jesus Christus ausrief: „Es ist vollbracht!“ (Joh.19,30), wäre aus Gottes Sicht jeder Mensch von der Macht der Sünde und der Zerstörungskraft des Fleisches befreit worden, im Sinne einer objektiven Tatsache. Genau dieses Prozedere war die „Beschneidung des Christus“ − und damals wären alle Menschen aus Gottes Blickwinkel im „Körper ihres Fleisches“ beschnitten worden − wäre quasi alles Verkehrte „abgeschnitten“ worden. Die genaue Übersetzung des griechischen Wortes für „beschneiden“ heißt: „umher-schneiden“. In der Beschneidung Christi (dem Kreuzeswerk) sind sämtliche verkehrten Ansätze unseres Fleisches abgeschnitten, also beschnitten worden.

Und wie dies aus Gottes Sicht konkret ablief, schildert Paulus in Kol.2,12-13. Auf Golgatha fand eine Taufe statt, d. h. der Mensch wurde mit Jesus Christus verbunden oder vereinigt (die genaue Bedeutung des Wortes „taufen“), d. h. der Mensch wurde mit dem gesamten Werk Christi identifiziert. Aus Gottes Sicht sind wir zusammen mit unserem durch und durch verdorbenen Fleisch mit Jesus Christus mit gekreuzigt, gestorben und begraben worden. Anschließend wurden wir in Christus zu einem neuen Menschen auferweckt − mit einem beschnittenen Fleisch, das nicht mehr in der Lage ist, zu sündigen oder die Werke des Fleisches zu wirken. In Christus sind wir tot gegenüber der Sünde und der Unbeschnittenheit unseres Fleisches. Das ist jedenfalls Gottes Sicht in Christus.

Nun muss aber ein überführter Mensch handeln, und das Schlüsselwort heißt: Glauben (Kol.2,12b). Der Glaube nimmt immer den Blickwinkel Gottes ein, d. h. unsere Stellung in Christus und aktiviert diese durch den kindlichen Glauben. Den Römern sagt Paulus in Röm.6,11: So auch ihr, haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus. Der Glaubende, der Jesus Christus erkannt hat, dankt dem himmlischen Vater für sein Werk in seinem Sohn Jesus Christus und nimmt den Stand in Christus an. In Christus sind wir tot gegenüber der Sünde, beschnitten im Körper des Fleisches. In Christus sind alle geistlichen Feinde abgestreift, z. B. die Sünde, das Fleisch und alle Fürstentümer und Gewalten (Kol.2,15). Wer im Glauben die Stellung in Christus seit bald 2000 Jahren in Anspruch nimmt und im vollendeten Werk in Christus ist und ruht, dessen Fleisch und Herz sind beschnitten. Er kann z. B. die Sünde nicht mehr tun (1.Joh.3,9) und die Werke des Fleisches nicht mehr wirken. Er hat den geistlichen Sinn der Beschneidung erlebt; er ist vom Tod ins Leben hinübergegangen (Joh.5,24). Sein Herz wurde im oder durch den Geist beschnitten (Röm.2,28-29). In der Beschneidung des Christus ist ein solcher Mensch wiederhergestellt − ein neu gezeugter Mensch, der gegenüber der Sünde und dem Fleisch tot ist und nun laufend die Früchte der Gerechtigkeit oder die Frucht des Geistes wirkt (Gal.5,22). In Christus ist damit auch das Gesetz der Beschneidung erfüllt und wirkt sich herrlich aus, z. B. durch die vollkommene Freiheit in Christus (Gal.5,1).

Weil Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht erben können (1.Kor.15,50) und ein Leben im Fleisch zum Tod führt (Röm.8,6; 13), müssen wir zwingend die Beschneidung im Geist erleben und dann anhaltend darin leben. Ansonsten besitzen wir große geistliche Defizite mit massiven Konsequenzen auf die Ewigkeit. Wer sich noch an den Fragen der äußeren Beschneidung aufhält, hat überhaupt nichts begriffen. Wie immer lösen sich alle Fragen rund um das Gesetz in Jesus Christus auf. In Christus sind wir deshalb in der wunderbaren Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes, völlig abgeschnitten von jedem zerstörenden Kreislauf der Sünde und des Fleisches (Röm.8,21).


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