Der Blickwinkel Gottes und das Prinzip des empfangenden Glaubens − Röm.6

Wer herausfinden will, wie man Gott wohlgefällig lebt, liest Gottes Wort. Es enthält Hunderte von Anweisungen, eingebettet in Satzungen, Gesetze, Gebote und Verbote. Und damit beginnt meist das Problem und ist die Falle faktisch schon gestellt. In Röm.7 beschreibt Paulus seine eigene (gesetzliche) Biographie, wie er versuchte, das Gebot (lass dich nicht gelüsten) zu halten und völlig abstürzte (Röm.7,7 ff.). Es wird die Erfahrung jedes aufrichtigen Menschen sein, der im neutestamentlichen Sinn in der Nachfolge des HERRN leben will. Gut gemeint versucht man, Gottes Gesetze zu halten und macht letztlich Schiffbruch. Was ist schiefgelaufen?

Das Gesetz wurde nicht gegeben, um uns Leben zu bringen, sondern um die Sünde aufzustöbern (Röm.7,7; 13). In Gal.3,24-25 schreibt Paulus, dass das Gesetz ein „Geleiter“ (Zuchtmeister) auf Christus hin ist. Wer nun aus eigener Kraft Gesetze und Gebote halten will, um beispielsweise Gott zu gefallen, landet im Ruin − und schließlich bei Jesus Christus am Kreuz! Dabei verwechseln wir den Alten und den Neuen Bund. Elementarer Bestandteil des Neuen Testamentes ist die Gnade, also das Geschenk Gottes. Weil Gnade eigene Werke (z. B. Gehorsamsleistungen) ausschließt, kann man im Neuen Bund nichts mehr durch eigene Kraft und Leistung erreichen. Der HERR wird dies schlicht nicht zulassen und alles zerschlagen − sonst ist Gnade nicht mehr Gnade (Röm.11,6; Eph.2,8-10). Im Neuen Bund läuft alles auf der Basis von Gnade, Geschenk und Glauben. Wer diese drei Begriffe richtig versteht und anwendet, kann letztlich jedes Gebot problemlos halten − allerdings nicht, um sich etwas zu verdienen oder sich zu brüsten, sondern um dem HERRN seine Liebe zu bezeugen (Joh.14,23; 1.Joh.5,2).

Doch wie funktionieren eigentlich Gnade, Geschenk und Glaube? Die drei elementaren Begriffe können nur vom Hintergrund des sog. Evangeliums des Christus verstanden werden, wie es der Herr Jesus Christus dem Apostel Paulus offenbarte oder enthüllte (Gal.1,12; Eph.3,2 ff.). Das Grundprinzip ist an sich genial einfach: Was der Mensch seit Adam nicht schaffte, stellte ihm der ewige Gott in seinem oder durch seinen Sohn Jesus Christus durch das Kreuzeswerk zur Verfügung. Zu diesem Zweck identifizierte der ewige Gott den Menschen mit seinem Sohn Jesus Christus. Er pflanzte den Menschen mit Jesus Christus zusammen (Röm.6,5 wörtlich). Was der Herr Jesus Christus am Kreuz vollzog, wurde anschließend dem Menschen im Sinne eines reinen Gnadengeschenkes übertragen. Was immer der Herr Jesus Christus durch sein Sterben erwarb, ist seither dem Menschen zur Verfügung gestellt worden. Aus Gottes Sicht − also aus seinem Blickwinkel − erhielt jeder Mensch die gesamte Erbschaft Christi, sein ganzes Leben und alle seine wunderbaren Lebenseigenschaften − als reine Gnadengeschenke (Röm.8,17; 32). Gott ist daher seit Golgatha und der nachfolgenden Auferweckung seines Sohnes der Meinung, dass jeder Mensch an sich alles komplett erhalten hat oder hätte, was in seinem Sohn Jesus Christus enthalten ist und was Er durch sein Sterben und seine Auferstehung erworben hat.

Um klar zu machen, welche Elemente dies konkret betrifft, sehen wir uns beispielhaft Röm.6,2-14 genauer an. Denn in diesen Versen definiert Paulus ständig den objektiven Blickwinkel Gottes − also was wir seit Golgatha in Christus sind und besitzen würden:

  • Wir sind der Sünde gestorben. Folglich können wir nicht mehr in ihr leben − also sie tun (Röm.6,2; 1.Joh.3,9).
  • Wir sind mit dem Tod von Jesus Christus vereinigt worden, wurden mit Ihm begraben, durch die Herrlichkeit des Vaters mitauferweckt und wandeln in Neuheit des Lebens (V.3-4).
  • Wir haben den gleichen Tod und die gleiche Auferstehung wie Jesus Christus erlebt (V.5).
  • Unser alter Mensch ist mitgekreuzigt wordenund damit inaktiv. Dadurch ist die Sünde entmachtet worden − sie hat via unseren Körper keinen Zugriff mehr auf uns (V.6-7).
  • Wir sind zusammen mit Jesus Christus gestorben und zu neuem Leben auferweckt worden. Wir besitzen sein ewiges Leben und können nicht mehr sterben (V.8-9).
  • Weil Jesus Christus die Sünde besiegt hat, müssen wir ihr nicht mehr dienen. Wir sind ihr gegenüber tot und leben für Gott in Jesus Christus (V.10-11).
  • Die Sünde kann nicht mehr über uns herrschen (V.12;14). Die Begründung u. a.: Wir sind nicht mehr unter Gesetz, sondern unter der Gnade (V.14).

Das ist nur ein kleiner, beispielhafter Ausschnitt davon, wie der Blickwinkel Gottes in, durch und über Jesus Christus gestaltet ist. Gott ist tatsächlich der Meinung, dass uns das alles gehört und dass wir das alles sind. Doch warum erlebt dies kaum einer? Wo sind die Mitauferweckten in Christus, die der Sünde nicht mehr dienen müssen, ein heiliges, Gott wohlgefälliges Leben führen und mit ihren Gliedern laufend gerechte Taten wirken (Röm.6,16-22)? Die Antwort lautet: Wir haben das Prinzip der Gnade nicht durch den entsprechenden Glauben wirksam gemacht.

Im Alten Testament musste der Mensch alle Gesetze halten, um zu leben (Röm.10,5). Bis auf wenige, die tatsächlich im Glauben lebten (etwa Mose, Abraham, David), versagten alle. Im Neuen Bund  schenkte der ewige Gott jedoch dem Menschen im Voraus alles, was Er vom Menschen erwartete − das Prinzip von Gnade und Geschenk. Dem Menschen bleibt nur noch ein Weg übrig: Durch korrekten Glauben den Blickwinkel Gottes einzunehmen und dann alles einzeln abzuholen, was Er in Christus bereitgestellt hat. Doch damit der Glaube überhaupt handeln kann, muss zuerst bekannt sein, was uns aus Gnaden geschenkt wurde (1.Kor.2,12). Wir finden alle Elemente u. a. in den Paulusbriefen, oft kombiniert mit der Formulierung  in Christus. Wahrhaft Gläubige gehen nun auf die Suche und finden den Blickwinkel Gottes in Christus für ihr Leben heraus. Erst wenn sie die Wahrheit kennen, können sie sie anwenden und z. B. frei werden (Joh.8,32).

Gott ist z. B. der Meinung, dass unser alter Mensch mit Jesus Christus gekreuzigt wurde, gestorben ist und begraben wurde (Röm.6,4-6). Der alte Mensch ist das Hauptübel und u. a. Träger und Vollstrecker der Sünde. Nun stimmt der Glaube mit Gottes Meinung (Blickwinkel, Werk) überein und bekennt im kindlichen Glauben, dass der alte Mensch mitgekreuzigt, gestorben und begraben ist. Und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir (Gal.2,20). Der Glaube bekennt nun, dass Christus unser Leben ist (Phil.1,21). Er bekennt ebenfalls, dass die Sünde entmachtet und damit faktisch inaktiv ist. Wir halten uns im Glauben dafür (Röm.6,11), d. h. wir übernehmen Gottes Blickwinkel und leben nun darin (Röm.6,12 ff.).

Jedes Gebot enthält Inhalte, die uns der Vater bereits zuvor durch seinen Sohn bereitgestellt hat, z. B. die Liebe. Wir sollen: Gott, Jesus Christus, den Nächsten, den Ehepartner, die Kinder, die Feinde usw. lieben. Das alles sind Gebote aus dem Neuen Testament. Aus eigener Kraft geht das aber niemals, jedenfalls nicht nach göttlichen Kriterien. Aber Gottes Blickwinkel ist: Er hat uns in Christus seine Liebe geschenkt. Nun holt der Glaube die Liebe Gottes (Röm.8,39) oder die Liebe Christi (2.Kor.5,14) ab und macht sie damit zum persönlichen Eigentum. Und aus dieser Liebe liebt er fortan. Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist (Röm.5,5). Solange wir in Christus sind und bleiben, fließt daher Gottes Liebe unaufhörlich in unser ganzes Umfeld, genährt vom Heiligen Geist. Wir halten seine Gebote, und seine Gebote sind nicht schwer (1.Joh.5,3).

Was immer der Mensch braucht und was immer er gegenüber Gott erbringen soll, wurde ihm zuvor bereits auf Golgatha in Christus geschenkt. Das ist Gottes Blickwinkel und das Prinzip der Gnade. Nun holt ein wahrhaft Gläubiger durch den kindlichen Glauben fortlaufend alles ab und praktiziert es hinfort ständig im Alltag. Christus in uns ist die Quelle lebendigen Wassers (Joh.4,10; 14; 7,37-39). So erreichen wir jedes Ziel, erfüllen jedes Gebot − und zwar durch den uns innewohnenden HERRN und Geist. Und dabei erhält nur einer die Ehre, nämlich der HERR (Eph.2,8-10)!


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