Die aber Christus Jesus angehören, kreuzigen das Fleisch samt den Leidenschaften und Begierden - Gal.5,24

Dieser Vers liest sich kämpferisch und dramatisch − sollen wir doch unser völlig verdorbenes und gefallenes Fleisch kreuzigen, das von gottlosen Begierden gepeinigt wird. Wir sehen vor uns die brutalen römischen Soldaten, wie sie völlig hilflose Menschen mit einer der furchtbarsten Methode zu Tode bringen. Genauso sollen wir also mit unseren Leidenschaften und Begierden umgehen. Natürlich ist das völliger Unsinn, denn nicht einmal der Herr Jesus Christus konnte sich selber kreuzigen − geschweige denn können wir es. Solch unsinnige Übersetzungen des Wortes Gottes resultieren aus Unkenntnis des zentralsten Geheimnisses der Heiligen Schrift, dem Geheimnis des Christus.

Was hat der Apostel Paulus wirklich geschrieben und gemeint? Zuerst wendet er sich an eine ganz spezielle Gruppe von „Gläubigen“: Die aber Christus Jesus angehören (Gal.5,24a). In der Terminologie von Paulus sind damit nicht gläubige, fromme, religiöse „Christen“ gemeint, sondern Menschen, deren Leben der Christus ist (Phil.1,21). Damit Christus unser Leben wird, benötigen wir mehrere substanzielle Glaubenserfahrungen: Eine echte geistliche Erweckung; die göttliche Neuzeugung aus Wasser, Geist und Blut (Joh.3,3 ff.); die reale Erfahrung der Mitkreuzigung unseres alten Menschen mit dem Herrn Jesus Christus (Röm.6,6), und schließlich die reale Erfahrung der Mitauferstehung (Mitauferweckung) mit dem Herrn Jesus Christus (Eph.2,6). Dies alles lässt sich aus den Lehrbriefen z. B. von Paulus und Johannes herauslesen.

Wer Christus Jesus angehört, also ein Fleisch und Gebein mit Ihm geworden ist (Eph.5,30 Luther), lebt damit nicht mehr selber oder sich selbst (2.Kor.5,15). Er (d. h. der alte Mensch) ist mit Jesus gekreuzigt, und deshalb lebt der Herr Jesus Christus (d. h. der neue Mensch) in ihm (Gal.2,20). Ein solcher Mensch ist ein Mensch in Christus − und nicht etwa ein „Christ“, denn diese Bezeichnung hat keinen göttlichen Bezug (> Vortrag: Der Unterschied zwischen einem Christen und einem Menschen in Christus). Wer Christus Jesus angehört, besteht folgerichtig aus Ihm. Er ist aus Gott (1.Joh.4,4). Ein solcher Mensch ist damit völlig eingebettet in das Leben, Wesen und Werk Christi. Der ewige Gott erkennt ihn als sein Kind und als seinen Sohn. Er ist im gleichen Stand und in der gleichen Stellung, wie sein Sohn Jesus Christus − ebenso heilig, gerecht, rein und vollkommen.

Als der Herr Jesus Christus ans Holz (genau: an den Pfahl) genagelt und gekreuzigt wurde, setzte der ewige Gott uns Menschen in Christus und damit in sein Werk ein. Aus Gottes Sicht, also objektiv gesehen, wurde jeder (alte) Mensch mitgekreuzigt, ist jeder (alte) Mensch mit Jesus gestorben und begraben und in drei Tagen mit Ihm als neuer Mensch auferweckt worden. Gott identifizierte uns total mit seinem heiligen und gerechten Sohn und setzte uns in den gleichen Stand und alle Stellungen seines Sohnes ein. Doch wir merken uns: Sowohl der Herr Jesus Christus als auch der mit Ihm identifizierte Mensch wurden mitgekreuzigt (Passiv). Die Römer taten es mit dem Körper Christi, und der ewige Gott tat es mit uns in und durch seinen Sohn Jesus Christus. Unser alter Mensch ist mitgekreuzigt worden (Röm.6,6) − es war und ist also eine passive Handlung Gottes an uns. Die Römer taten es an Jesus Christus − der ewige Gott tat und tut es an uns.

Nimmt nun ein erweckter Mensch den Herrn Jesus Christus an, nachdem er Ihn und damit das Evangelium oder das Geheimnis des Christus erkannt hat, dann wird er durch die Wirkungen des Heiligen Geistes effektiv in Christus eingesetzt. Er erfährt real die Mitkreuzigung seines alten Menschen und damit u. a. effektiv die Entmachtung der Sünde mit allen zerstörenden Leidenschaften und Begierden. Ist jemand tatsächlich in Christus, dann hält der innewohnende Christus die Sünde, das Fleisch samt allen Leidenschaften und Begierden im Todeszustand. Sie sind inaktiv. Solange der Herr Jesus Christus ungehindert in einem solchen Menschen leben kann, hält Er durch seine Anwesenheit die Sünde, das Fleisch etc. in seinem Tode. Damit ist Christus in uns nicht nur die Hoffnung der Herrlichkeit (Kol.1.27), sondern z. B. auch die Begründung des Sieges über die Sünde. Er ist der „Same“ (1.Joh.3,9), der uns daran hindert, die Sünde zu vollziehen. Er ist der Geist in uns, und solange wir in Christus sind und bleiben, können wir die Begierde des Fleisches keinesfalls vollbringen − weil wir im Geist wandeln (Gal.5,16).

Damit nähern wir uns der korrekten Übersetzung und Bedeutung unseres thematischen Verses in Gal.5,24. Keiner von uns kann sein Fleisch selber kreuzigen, die Sünde besiegen, die verkehrten Glieder im Schach halten (Röm.6,3 ff.; Kol.3,5 ff.) etc. Aber etwas können wir: In Christus sein und bleiben. Das war der große Befehl, den der Herr Jesus Christus seinen Jüngern gab: Bleibt in mir (Joh.15,4)! Für alles andere hat der Herr Jesus Christus durch sein Kreuzeswerk gesorgt. Die Schlüsselworte heißen: Erkenntnis, Wissen und Glauben. Wir müssen den Herrn Jesus Christus erkennen, d. h. wissen, zu was uns der Herr Jesus Christus gemacht wurde (1.Kor.1,30) und was wir sind in Christus. Beispielsweise sind uns in Christus unser Fleisch, unsere Leidenschaften und Begierden (mit-) gekreuzigt worden. Wer den Herrn Jesus Christus im Glauben annimmt, nimmt ebenfalls im Glauben seinen mitgekreuzigten Stand an. Der Glaube proklamiert: Ich bin in Christus seit Golgatha; mein alter Mensch ist seit Golgatha mit Jesus Christus gekreuzigt; meine Leidenschaften und Begierden und damit mein Fleisch sind mit Jesus Christus mitgekreuzigt worden und damit gestorben, begraben und abgetan.

Als Menschen, die Jesus Christus real angehören, kreuzigen (oder töten) wir also unsere verkehrten Glieder nicht, sondern wir halten sie im kindlichen Glauben als mit Jesus Christus mitgekreuzigt und damit als abgetan, entmachtet etc. So auch ihr, haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christus Jesus (Röm.6,11), schrieb Paulus den Römern. Ein Mensch in Christus weiß, dass seine Leidenschaften und Begierden mit Jesus Christus mitgekreuzigt und damit abgetan sind. Er bleibt im Glauben in dieser Stellung − in dieser triumphalen Siegesposition von Jesus Christus, die Er für uns erworben hat (1.Kor.15,57). Wir sind in Christus, und Er ist in uns. Also hält Er unsere Leidenschaften und Begierden in seinem Todeszustand. Das ist das Sterben oder die Tötung Jesu (2.Kor.4,10-11).

Soweit, so gut. Doch nun kommt der Alltag. Weder unsere Sünde, noch unser Fleisch, noch unsere Leidenschaften und Begierden sind real ausgerottet, also nicht mehr existent. Sie befinden sich bis zur „Erlösung unseres Leibes“ in uns (Röm.8,23). Also können sie sich jederzeit wieder regen. Die reale Anwesenheit von Jesus Christus ist unsere einzige Sicherung. Wenn sich Lüste, Begierden, die Sünde, die Werke des Fleisches (Gal.5,19-21) etc. regen, dann übergeben wir sie sofort dem innewohnenden Herrn Jesus Christus, der sie dann durch die Wirkungen des Heiligen Geistes und seines Blutes in Schach hält und ihnen die zerstörende Kraft entzieht. Die Wirkungen seines Kreuzestodes (für und über die Sünde) treten ein. Unser Fleisch und unsere Begierden etc. werden durch die Todeskraft des Blutes Christi sofort entmachtet und inaktiv. Als „Sklaven Christi“ sind wir keine Sklaven Satans und der Sünde mehr. Wir sind frei gemacht zur Freiheit des Christus (Röm.8,1; Gal.5,1).

Wie müsste Gal.5,24 also korrekt lauten? Der Vers muss umschrieben werden, weil er die griechische Aoristform enthält, die nicht direkt ins Deutsche übersetzbar ist. Zudem enthält er die Passivform. „Die Christus Jesus angehören, denen sind die Leidenschaften und Begierden (seit Golgatha) (mit)gekreuzigt.“ Wann immer sich also Leidenschaften und Begierden melden, übergeben wir sie als mitgekreuzigte Menschen dem innewohnenden Herrn Jesus Christus, der sie durch die Kraft des Heiligen Geistes und seines Blutes sofort entmachtet. Die Kräfte seines Todes und seiner Auferstehung wirken sich aus, und wir leben in der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes (Röm.8,21). Unser Auftrag ist, in Christus zu sein und zu bleiben und alles Verkehrte sofort dem Herrn Jesus Christus zu übergeben. Dann „kreuzigen“ wir unsere Leidenschaften und Begierden. Oder wir "töten" durch den Geist die Handlungen des Leibes (Röm.8,13). Für den Rest ist der Herr Jesus Christus zuständig! Ein herrliches Geheimnis!


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