Überarbeiteter Vortrag Nr. 5208 als HTML-Text

Wir leben in einer Zeit der Inflation von Werten und Worten. Wie man sich z.B. beim Wort "Liebe" heute alles Mögliche vorstellt, so auch beim Begriff "Christ" oder "christlich". Woher kommen diese Begriffe, wer hat sie geprägt und entsprechen sie tatsächlich göttlichen Absichten?

Diesen Fragestellungen wollen wir nachgehen. Dabei werden wir entdecken, dass ein totaler Unterschied besteht zwischen einem "Christen" und einem Menschen in Christus, so provokativ sich dies auch im Moment anhören mag. Es ist für Sie jedoch von absoluter und entscheidender Bedeutung, sich mit dieser Gegenüberstellung auseinander zu setzen, denn zwischen einem "Christen" und einem Menschen in Christus ist tatsächlich ein Unterschied wie zwischen Nacht und Tag. Wie ich nachweisen werde, können Sie nämlich die göttliche Zielsetzung für Ihr Leben, nämlich Ihre persönliche Vollendung und das Erreichen Ihrer ewigen Berufung nur dann erreichen, wenn Sie tatsächlich ein Mensch in Christus geworden sind.

Drei Begriffsklärungen

1. die Begriffe "Christ" oder "christlich"

Um die entscheidenden Unterschiede sorgfältig herauszuarbeiten, ist es notwendig, drei wesentliche Begriffe vom Grundtext her korrekt darzustellen. Den ersten Begriff, den wir uns ansehen, ist das Wort "Christ". Um es gleich vorwegzunehmen: Der Herr Jesus Christus hat niemals dazu aufgefordert, dass Menschen "Christen" werden oder dass sie so heißen sollen! Das dürfte Sie voraussichtlich sehr erstaunen. Doch weiter: Der HERR hat nie angewiesen, dass wir Mitglied irgendeiner "christlichen" Kirche werden sollten. Ebenso wenig haben wir "christliche" Kirchen zu gründen. Das alles kommt uns aber vom herkömmlichen Verständnis her absolut selbstverständlich vor – und das soll falsch sein?

Es kommt noch dicker: Wer immer nämlich so denkt oder handelt, hat die ewigen Ratschlüsse Gottes überhaupt nicht verstanden! Alle diese Bezeichnungen und Aktivitäten sind letztlich nichts anderes als der Ausdruck der ganzen weltweiten babylonischen Verwirrung, in welcher wir alle drinstehen, vor allem im Rahmen des so genannten christlich-denominationellen Systems.

Eine im deutschen Sprachraum verwendete Konkordanz definiert den Begriff "Christ" wie folgt: "Christ, griechisch christianos, ist eine verächtliche Bezeichnung für Nachfolger Christi aus der Beschneidung". Erstaunlicherweise – oder vielleicht logischerweise finden wir im Neuen Testament nur drei Erwähnungen des Begriffes "Christ". Ich zitiere als Erstes Apg.11,26: Es geschah ihnen aber, dass sie ein ganzes Jahr in der Gemeinde zusammenkamen und eine zahlreiche Menge lehrten, und dass die Jünger zuerst in Antiochia Christen genannt wurden. Dann weiter Apg.26,28: Agrippa aber sprach zu Paulus: In kurzem überredest du mich, ein Christ zu werden. Paulus aber sprach: Ich möchte zu Gott beten, dass über kurz oder lang nicht allein du, sondern auch alle, die mich heute hören, solche werden wie auch ich bin, ausgenommen diese Fesseln. Und die letzte Erwähnung, 1.Pt.4,15: Denn niemand von euch leide als Mörder oder Dieb oder Übeltäter oder als einer, der sich in fremde Sachen mischt; wenn er aber als Christ (leidet), schäme er sich nicht, sondern verherrliche Gott in diesem Namen!

Die beiden ersten Erwähnungen zeigen eindeutig die Perspektive der Welt, d.h. die Welt definierte und verwendete den Begriff "Christ" für die Nachfolger des HERRN. Im dritten Zitat ist ein Prinzip gemeint, d.h. die Welt mit ihren Machenschaften setzt die Jünger Jesu unter Leidensdruck. Aus der Perspektive der Welt sind Nachfolger Jesu eben "Christen". Petrus aber bezieht sich zweifellos auf den Namen Jesus Christus.

2. Wie wird man ein Christ?

Diese Fragestellung ist sehr tiefgreifend. Grundsätzlich lässt sie sich nach herkömmlichem Verständnis auf zwei Wegen beantworten. Die eine Variante ist grundsätzlich falsch und die andere steht zumindest auf "schwachen Beinen".

2 a) Die Haltung der Volks- oder Landeskirchen.

Christ wird man ganz einfach durch Vererbung. Sind die Eltern evangelisch oder katholisch – oder je evangelisch und katholisch, so werden die Kinder automatisch in die gleiche Kirche hineingeboren. Nach katholischem Verständnis muss dann eine schnelle "Kindertaufe" folgen, denn nur dadurch wird ein Kleinkind Mitglied der Kirche, ist es gerettet oder eben ein katholischer "Christ". Die sakramentale Handlung der Kirche und der nachfolgende Besitz eines christlichen Taufscheins macht folglich einen Menschen zum "Christen". Wer sich dem vollständigen Wort Gottes verpflichtet weiß, wird problemlos feststellen, dass dieses Vorgehen und Selbstverständnis jeglicher biblischen Grundlage entbehrt. Direkt gesagt handelt es sich um reines kirchlich-denominationelles Machtdenken und ist Ausdruck der gesamten babylonischen Religionsverwirrung unserer Tage. Jemand brachte den Irrtum in einem Satz auf den Punkt: Gott hat keine Enkelkinder, Er hat nur Kinder. So lautet also das volks- oder landeskirchliche Verständnis vom Christwerden und Christsein.

2 b) Die evangelikal-fundamentalistische Ansicht.

Biblisch orientierte christliche Kreise sehen den Ablauf zum Christwerden wie folgt: Ein Mensch muss sich bekehren. Er hat Jesus Christus als Erlöser anzunehmen und wird in der Folge gerettet und "Christ". Anschließend muss dieser "bekehrte Christ" Mitglied einer christlichen Kirche oder Freikirche werden und bestimmte "christliche" Aktivitäten vollziehen.

Natürlich enthalten diese Anweisungen biblische Wahrheiten – sie werden jedoch unvollständig bis falsch angewendet. Auf einen Nenner gebracht handelt es sich bei diesem Vorgehen um menschlich-religiösen Aktivismus: Der Mensch muss bestimmte religiöse Handelungen vollziehen, um "Christ" zu werden. Dahinter sind massive Gefahren eingebaut, die einen willigen Menschen auf völlig falsche Wege treiben können. Darauf will ich aber aus Platzgründen im Rahmen dieser Ausführungen nicht näher eingehen.

Befragt man nun das Neue Testament unvoreingenommen zu unserer Thematik, findet ein aufrichtig suchender Mensch in kurzer Zeit wesentlich tiefere und geistliche Anweisungen. Sie alle bündeln sich auf ein ganz bestimmtes Ziel: Um nach der Meinung unseres HERRN tatsächlich ein "Christ" zu werden, muss ein Mensch in Christus erfunden werden (Phil.3,8-9)! Und das ist definitiv etwas völlig anderes. Nicht christlich-religiöser Aktivismus macht uns zum "Christen" und damit ewigkeitstauglich, sondern einzig und allein die Tatsache, dass wir schließlich in Christus erfunden (oder: gefunden) werden. Doch bei dieser Feststellung handelt es sich um ein Geheimnis, und das macht die Frage nach dem "Christwerden" so anspruchsvoll. Biblische Geheimnisse lassen sich nicht durch Intelligenz, Logik oder theologisches Wissen und Ausbildung knacken, sondern ausschließlich durch die Wirkung göttlicher Gnade. Göttliche Geheimnisse können uns nur durch den Heiligen Geist dargestellt werden (1.Kor.2,10-14). Fehlt uns dieses göttliche Offenbarungswerk Seines Geistes, landen wir automatisch in einer Fehlentwicklung- z.B. rund um den Begriff "Christ".

3. Der Aufbau des Neuen Testamentes

Wir klären nun abschließend die Frage, wie das Neue Testament in Bezug auf unsere Fragestellung überhaupt aufgebaut ist. Diese möglicherweise unverständliche Überlegung bringt uns jedoch aus einer gewissen Distanz betrachtet in eine höchst interessante Logik im Aufbau des Neuen Testamentes hinein.

Tatsächlich besteht das Neue Testament eigentlich aus zwei sehr unterschiedlichen Blöcken. Den einen Block würde ich als geistliche "Milch" bezeichnen (1.Kor.3,2; Heb.5,12-13). In diesem Block finden wir das einfache biblische Evangelium, d.h. die Grundlagen des Evangeliums von Jesus Christus. Zu finden sind sie in den vier Evangelien und im Praxisvollzug in der Apostelgeschichte. Was lernen wir dort? Die vier Schreiber zeigen uns, wer Jesus Christus ist, wie Er auf dieser Erde gelebt und gehandelt hat, was Er gelehrt hat, wie man zum Glauben kommt, wie man errettet wird und in der Folge ewiges Leben erhält. In der Apostelgeschichte folgt dann die praktische Anwendung in der ersten Gemeindephase über einen Zeitraum von vielleicht 35 Jahren. Doch in diesen fünf Büchern werden Sie vergeblich nach Anweisungen suchen, wie man sich z.B. das herrliche Überwinderleben von Jesus Christus tatsächlich und praktisch aneignet.

Um diese Aussage klar zu machen, verwende ich ein einfaches Beispiel – die Frage nämlich, wie ein Mensch vollkommen in Christus wird (Kol.1,28). Immerhin weist uns der Herr Jesus Christus in Mt.5,48 an, dass wir so vollkommen sein sollen, wie unser himmlischer Vater vollkommen ist. Natürlich kennt der übliche Bibelleser diese Anweisung – nur wo in den vier Evangelien und in der Apostelgeschichte wird beschrieben, wie man nun tatsächlich zur Vollkommenheit des Vaters gelangt? Sie werden vergeblich danach Ausschau halten – weil es in diesen erwähnten fünf Büchern der Bibel schlicht nicht zu finden ist. Doch wo müssten wir die Suche fortsetzen?

Zur Beantwortung unserer Frage gelangen wir nun zum zweiten Block des Neuen Testamentes. Und woraus besteht dann der Rest des Neuen Testamentes? Aus Lehrbriefen (mit Ausnahme der Offenbarung von Jesus Christus, die eine indirekte Erfüllung unserer Fragestellung darstellt). Wer sich nun mit den Lehrbriefen der Apostel im Neuen Testament auseinandersetzt, wird schnell herausfinden, dass diese wesentlich anspruchsvoller sind, als die vier Evangelien und die Apostelgeschichte. Letztere bestehen aus äußerer Dynamik und herrlichen Erfahrungsinhalten, während die Lehrbriefen vergleichsweise "trocken" und z.T. "langatmig" wirken. Daher dienen sie den meisten "Christen" üblicherweise nur als Orientierungshilfe für gesetzliche Anweisungen. Wie geht das genau mit dem "Mahl des HERRN" (Abendmahl)? Was steht zum Thema "Kopfbedeckung" der Frau? Wie ist die Stellung der Frau in der Gemeinde? Um was geht es bei den so genannten "Geistesgaben"? Was ist die "Entrückung", die "erste Auferstehung" usw. usw.?

Natürlich stehen auch viele interessante Dinge in den Lehrbriefen, doch den meisten dienen die Lehrbriefe nur als Fundgrube für Rezepte, gesetzliche Anweisungen und ähnlichem. Die meisten Bibelleser bleiben irgendwo in den Lehrbriefen hängen und können nur schwerlich Inhalte begreifen und nachvollziehen. Sie repräsentieren gemäss dem Hebräerbrief eben so genannte feste Speise (Hebr.5,12-14). Die vier Evangelien und die Apostelgeschichte entsprechen gut verdaulicher Milchnahrung – nicht aber die Lehrbriefe, die schnell einmal "Verdauungsstörungen" verursachen können, wenn man sie nicht durch den Heiligen Geist liest und versteht.


Paulus – das göttliche Offenbarungsinstrument

Bei den Lehrbriefen fällt mit Abstand eine Person auf, die unter der Inspiration des Heiligen Geistes die meisten Lehrbriefe verfasste: Paulus. Er ist das zentrale Offenbarungsinstrument Gottes im Neuen Bund und vermutlich der zwölfte Apostel, der den verloren gegangenen Judas ersetzte. (Der durch Los bezeichnete Matthias war ein menschliches Produkt der Nachfolgeregelung, bevor der Heilige Geist die Regie übernahm und ganz offensichtlich Paulus berief – Apg.1,15-26; Apg.9,1-18.)

Im Zusammenhang mit unserem vorliegenden Thema findet neben Paulus v.a. noch der Apostel Johannes Beachtung, der gleiche Inhalte wie Paulus mit anderen Begriffen definierte, wie wir noch sehen werden. (Der Apostel Petrus streift das Thema in seinen beiden Briefen.).

Beide Apostel reden von einem zentralen Geheimnis der göttlichen Ratschlüsse, dem Geheimnis des Christus. Während Paulus ständig die Bezeichnung "in Christus" verwendet, finden wir bei Johannes u.a. den Begriff "Ihr seid aus Gott". Wir werden gelehrt, wie man in Christus hineinkommt, wie man in oder aus Jesus Christus lebt oder, nach Johannes, wie man aus Gott ist und wie man aus Gott lebt. Beides stellt ein zentrales Geheimnis Gottes dar. Dieses Geheimnis wurde nicht neu entdeckt, sondern von Gott vor Grundlegung der Welt definiert und dann wie erwähnt durch das Offenbarungsinstrument Paulus erkannt, beschrieben und in Lehrbriefen dargestellt.

Ich will diese äußerst wichtige Tatsache mit zwei beispielhaften Textstellen belegen: Eph.3,3-11: Mir ist durch Offenbarung das Geheimnis kundgeworden - wie ich es oben kurz geschrieben habe; beim Lesen könnt ihr meine Einsicht in das Geheimnis des Christus merken -, das in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan, wie es jetzt seinen heiligen Aposteln und Propheten durch den Geist geoffenbart worden ist: Die Nationen sollen nämlich Miterben und Miteinverleibte sein und Mitteilhaber der Verheißung in Christus Jesus durch das Evangelium, dessen Diener ich geworden bin nach der Gabe der Gnade Gottes, die mir nach der Wirksamkeit seiner Kraft gegeben ist. Mir, dem allergeringsten von allen Heiligen, ist diese Gnade gegeben worden, den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen und ans Licht zu bringen, was die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her in Gott, der alle Dinge geschaffen hat, verborgen war; damit jetzt den Gewalten und Mächten in der Himmelswelt durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes kundgetan werde, nach dem ewigen Vorsatz, den er verwirklicht hat in Christus Jesus, unserem Herrn.

Mehrere Male erscheinen die Begriffe "Gnade" und "Geheimnis". Inhalte dieses Textzitates suchen wir in den vier Evangelien vergeblich. Sie wurden eben dem Apostel Paulus geoffenbart, und wir sind sehr gut beraten, wenn wir den Apostel Paulus sehr ernstnehmen!

Kol.1,25-27: Ihr Diener (von der Gemeinde) bin ich geworden nach der Verwaltung Gottes, die mir im Blick auf euch gegeben ist, um das Wort Gottes zu vollenden, es ist das Geheimnis, das von den Weltzeiten und von den Geschlechtern her verborgen war, jetzt aber seinen Heiligen geoffenbart worden ist. Ihnen wollte Gott kundtun, was der Reichtum der Herrlichkeit dieses Geheimnisses unter den Nationen sei, und das ist: Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit.

Präziser als in dieser Textstelle lässt sich das erwähnt Geheimnis wohl nicht mehr darstellen. Und der Inhalt des Geheimnisses ist augenscheinlich: Christus in uns.

Was lässt sich aus dem bisher Dargestellten folgern? Wir müssen unbedingt die Paulusbriefe lesen und verstehen, denn nur durch sie zeigt uns der Heilige Geist den Weg, wie man ein Mensch in Christus wird, in den Herrn Jesus Christus hineinkommt, aus dem Herrn Jesus Christus (oder aus Gott – gemäss dem 1.Johannesbrief) bestehen kann, wie man aus dem Herrn Jesus Christus heraus lebt und dadurch zur Vollendung (Vollkommenheit) kommt. Das ist die komprimierte Botschaft der Paulusbriefe (v.a. Römerbrief, Epheserbrief, Philipperbrief und Kolosserbrief), verbunden mit dem 1.Johannesbrief.

Speziell zu erwähnen wäre dazu noch das Buch der Offenbarung von Jesus Christus am Schluss des Wortes Gottes, was allerdings ein anspruchsvolles Thema ist. Die Offenbarung ist eine verschlüsselte Darstellung unseres ewigen Ziels. Sie enthüllt Jesus Christus und Seine wahren Glieder und weist versiegelt (durch Geheimnisse!) den Weg zur Vollendung des Menschen in Christus. Oder anders ausgedrückt: durch das Studium der Offenbarung lernen wir, wer Jesus und Seine tatsächliche Gemeinde ist. Und um es gleich vorwegzunehmen: Seine tatsächliche Gemeinde kann nur aus Menschen in Christus bestehen!


Das Geheimnis des Christus

Wir gehen nun der Frage nach, worin der Unterschied zwischen einem "Christen" und einem Menschen in Christus ist. Inzwischen ist klar geworden, dass wir zur Beantwortung dieser Frage das Geheimnis des Christus verstehen müssen. Naturgemäß lässt sich aber ein Geheimnis nicht einfach so schnell knacken, weil es eben ein Geheimnis ist. Es kann nicht verstandesmäßig durch ein Buch oder einen Vortrag begriffen werden. Der einzige Weg besteht vielmehr darin, dass es uns durch den Heiligen Geist persönlich enthüllt wird. Dazu bewegen wir uns auf einem Anmarschweg. Wesentliche Voraussetzung ist vorerst einmal unsere Aufrichtigkeit, ansonsten gleich zu Beginn alles blockiert wird.

Ein aufrichtiger "Christ" verhält sich anfänglich stets gleich: Er versucht (aus eigener Kraft) mit allen Mitteln das Wort Gottes umzusetzen. Beispielsweise will er dem Herrn Jesus Christus nach bestem Wissen und Gewissen nachfolgen und Seinen Willen tun. Weil er den HERRN liebt, möchte er natürlich immer mehr wie Jesus Christus werden , d.h. immer heiliger, vollkommener usw.. Dadurch gerät er ungewollt und unmerklich in den religiösen Aktivismus. Damit ist der Schiffbruch bereits vorprogrammiert, denn er befindet sich längst auf dem Weg des Gesetzes und gehorcht damit der Stimme des Alten Testamentes. Zweifellos ist alles gut gemeint, doch das Ziel kann auf diese Weise unmöglich erreicht werden.

Gehen wir zur praktischen Illustration zurück zur weiter oben erwähnten Stelle in Mt.5,48 (Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist). Der aufrichtige "Christ" wird nun alles unternehmen, um diesem Befehl Folge zu leisten. Er nimmt die Anweisung ernst und verzichtet auf faule Ausreden. Irgendwann wird er stranden, weil er feststellen wird, dass er aus sich heraus niemals vollkommen werden kann – es ist absolut unmöglich! Wie sollte auch ein völlig verdrehter, gefallener Mensch so vollkommen wie der himmlische Vater werden können! Auf diese Weise endet also der aufrichtige "Christ" in seinen "christlichen" Bemühungen, das Wort Gottes umzusetzen.

Der Ausweg

Gibt es aus der Falle des Gesetzes einen Ausweg? Kann ein Mensch überhaupt Gottes Ziele erreichen? Selbstverständlich! Ich zitiere dazu eine herrliche Stelle – natürlich aus dem Epheserbrief des Paulus, der in drei Versen alles klar macht. Eph.2,8-10: Denn aus Gnade seid ihr errettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme. Denn wir sind sein Gebilde, in Christus Jesus geschaffen zu guten Werken, die Gott zuvor vorbereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.

In diesen drei Verse ist bereits das Geheimnis des Christus vollständig enthalten. Wir erkennen darin auch unschwer den falschen und den richtigen Weg. Weshalb muss ein aufrichtiger Christ Schiffbruch machen, wenn er damit beginnt, das Wort Gottes auszuführen? Weil sein Hauptproblem nicht gelöst ist! Und dieses heißt: die alte, gefallene Natur, die total unter die Sünde und damit an Satan versklavt ist. Solange dieses Problem nicht ganz praktisch gelöst ist, wird ein aufrichtiger "Christ" letztlich immer stranden, weil er sich auf dem Weg des christlichen Aktivismus und damit tatsächlich auf dem Weg des Gesetzes befindet, der immer in Niederlage, Elend, Anklage, Fluch und Tod enden wird.

Gottes wahrer Ratschluss ist dagegen diametral anders aufgebaut – und das ist nichts anderes als die herrliche Liebe des himmlischen Vaters. Der HERR wusste sehr wohl, dass es der Mensch über all die Jahrtausende hinweg niemals schaffen würde, wahrhaft verändert zu werden und das göttliche Berufungsziel zu erreichen. Sehr vereinfacht dargestellt sagte uns der HERR folgendes: "Lieber Mensch, der du alles investierst, um ans Ziel zu kommen – setze dich doch einmal hin. Ich löse dein Problem gleich selber und völlig anders, als du denkst!" Aus dem oben zitierten Text aus Eph.2,8-10 kann dies deutlich erkannt werden.

Das wahre Evangelium des Christus

Vor rund 2000 Jahren sandte der himmlische Vater einen vollkommenen Menschen auf diese Erde, der jede göttliche Anforderung an den Menschen perfekt erfüllte, der Herr Jesus Christus. Dieser Mensch war perfekt heilig, perfekt rein, perfekt vollkommen und vieles mehr – und dies immer in göttlicher Perfektion. Am Ende seines Dienstes folgte die Kreuzigung. Dort nun hing der ewige Sohn Gottes also, für praktisch alle völlig unverständlich – auch heute noch. Doch damals vollzog der himmlische Vater die wohl entscheidendste Handlung für jeden aufrichtigen Menschen, der sich nach göttlichem und vollkommenem Leben sehnt. Aus Seinem göttlichen Blickwinkel nahm Er jeden seither lebenden Menschen – also auch Sie – und verband (vereinigte) ihn mit Seinem Sohn Jesus Christus und Seinem ganzen Kreuzeswerk. Und damit sind wir bereits im Zentrum der paulineschen Tauflehre angelangt (Röm.6,3ff.)!

Am Kreuz von Golgatha hat der himmlische Vater vorausschauend oder vorgreifend jeden Menschen mit Seinem Sohn Jesus Christus verbunden oder vereinigt. Man definiert das als den so genannten objektiven Blickwinkel Gottes, d.h. so sieht es der HERR unabhängig unseres Standpunktes. Seit jenem Zeitpunkt sieht uns der himmlische Vater und heilige Gott als in Christus lebend, d.h. als völlig in Seinen Sohn eingebunden oder mit Seinem Sohn verwachsen (Röm.6,5). Die gewaltige Konsequenz göttlichen Handelns in Christus ist nun folgende: Was immer der Herr Jesus Christus durch Sein Sterben am Kreuz von Golgatha vollzogen hat, wurde uns aus Gottes Sicht aus reiner und völlig unverdienter Gnade vollumfänglich übertragen. Was immer der Herr Jesus Christus selber ist oder in Ihm enthalten ist – sein ganzes heiliges, reines, gerechtes und vollkommenes Leben – wurde aus Gottes Perspektive jedem Menschen vollständig übertragen, und zwar in jeder Hinsicht und in jeder Dimension. So wurde beispielsweise jedem Menschen das gleiche Leben übertragen, das in Jesus Christus war und immer sein wird (z.B. 1.Joh.5,12).

Auf diese Weise handelte also der himmlische Vater ungefähr im Jahr 30 n.Chr. Irgend ein anderer Weg wird niemals existieren, um das Ziel der göttlichen Berufung zu erreichen – er würde mit Bestimmtheit immer im Nichts enden. Man bezeichnet dieses Prinzip göttlichen Handelns das Prinzip der Identifikation mit dem Herrn Jesus Christus oder das Prinzip des objektiven Blickwinkels Gottes. Das heißt, so sieht der himmlische Vater den Menschen in oder durch Seinen Sohn Jesus Christus seit dem Jahr 30 n.Chr. – völlig unabhängig davon, was der Mensch daraus machen könnte. Es ist Gottes Meinung und das Resultat Seines genialen Erlösungsplanes für den Menschen in Seinem Sohn Christus.

Um gleichen jeden Verdacht auszuräumen: Ich vertrete hier nicht die unbiblische Lehre der so genannten Allversöhnung, wonach schließlich über die "Äonen" hinweg alle zur Versöhnung, sprich zur Errettung kommen sollen. Das Prinzip der Identifikation mit dem Herrn Jesus Christus oder des objektiven Blickwinkel Gottes heißt leider niemals, dass dies jeder Mensch automatisch subjektiv, d.h. in seiner persönlichen Erfahrung effektiv erleben würde. Es steht nur jenen Menschen zu, die den Herrn Jesus Christus erkannt und Ihn als ihr Leben mit Seinem gesamten Werk durch den kindlichen Glauben angenommen haben. Zur Erfahrung kommt einzig jener aufrichtige Mensch, der im kindlichen Glauben den Blickwinkel Gottes in Christus für sich selber annimmt (akzeptiert) und sich damit das herrliche Leben Christi mit allen Seinen gewaltigen Bestandteilen aneignet. Damit erfüllt sich das Wort aus Röm.8,32b ... wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken – das perfekte Prinzip der Gnade Gottes – allein durch Glaube (s. Eph.2,8-10).


Praktische Illustration: Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit, Erlösung

Weil sich diese Ausführungen möglicherweise zu theoretisch oder theologisch anhören mögen, stelle ich sie nun einfacher und praktischer dar: Vor uns liegt also der gestrandete Christ, der am Ende seiner religiösen und gesetzlichen Bemühungen ist. In aufrichtigstem Bemühen zappelt er wie ein Tier, das man auf den Rücken gelegt hat. Er kann sich selber unmöglich helfen – es muss ihm folglich von außen geholfen werden. Diese göttliche Hilfestellung wird uns nun v.a. in den zentralen Paulusbriefen enthüllt durch tiefe Darstellung des Evangeliums von Jesus Christus, d.h. das Erklären des Geheimnisses des Christus.

Paulus macht darin ständig Aussagen, was der Mensch seit bald 2000 Jahren in Gottes Augen tatsächlich ist oder wäre. Durch die Wirkung des Heiligen Geistes und der göttlichen Gnade erkennt nun ein Mensch, dass alles, was er je braucht und an göttlichen Anforderungen erreichen muss, in Jesus Christus bereits vollständig und perfekt enthalten ist. Er begreift, dass es ihm der himmlische Vater aus reiner Liebe und Gnade objektiv (d.h. aus Seiner Sicht) schon vor rund 2000 Jahren übertragen hat. Das Einzige, was dieser Mensch noch tun muss, ist dieses göttliche Gnadengeschenk (d.h. Jesus Christus, Sein ganzes Leben usw.) in Anspruch zu nehmen – das Prinzip des wahren Glaubens. Praktisch geschieht dies, indem er den Herrn Jesus Christus und damit Sein gesamtes Leben als die Gnadengabe Gottes annimmt (Joh.1,12). Er nimmt dadurch allerdings nicht nur den Herrn Jesus Christus als seinen persönlichen Erlöser an (wodurch die Errettung geschieht), sondern – was nun noch weit wichtiger wird – er nimmt die ganze Persönlichkeit von Jesus Christus an, in dem alle jene Lebenseigenschaften perfekt und vollkommen enthalten sind, die der Mensch aus eigener Kraft niemals erreichen könnte.

Zur Illustration greife ich eine herrliche Aussage aus dem Wort Gottes auf, in welcher uns vier entscheidende Eigenschaften angeboten werden, die wir zwingend für unsere ewige Vollendung benötigen – die aber kein "Christ" aus eigener Kraft vorweisen oder erzielen könnte – die jedoch in Christus schon längstens perfekt enthalten sind: 1.Kor.1,30-31: Aus ihm aber (aus Gott) (kommt es, dass) ihr in Christus Jesus seid, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung; damit, wie geschrieben steht: Wer sich rühmt, der rühme sich des Herrn!

Dies sind zwei geniale und wunderbare Verse! Vier Eigenschaften werden erwähnt, die uns in Christus objektiv seit bald 2000 Jahren zustehen und die subjektiv unser Eigentum sind (oder wären), seit wir Ihn angenommen haben. Diese vier Bestandteile des Lebens Christi erhalten wir aber nur auf einem einzigen Weg, nämlich indem wir tatsächlich und ganz praktisch in Christus Jesus sind und bleiben. Wir bekommen sie niemals durch intensive "christliche" und gesetzliche Leistungen und Verdienste, indem wir etwa das Wort Gottes auswendig lernen (wobei das durchaus sehr positiv sein könnte) usw.. Würden wir nämlich diese zentralen von Gott geforderten Eigenschaften durch eigene menschliche Leistung verdienen, so könnten wir uns unserer eigenen, "christlichen" Leistung rühmen – doch das wird der HERR niemals zulassen – wie weiter oben verschiedentlich zitiert. Haben wir dagegen das Geheimnis oder das Evangelium des Christus begriffen, so werden wir uns unermüdlich der Gnade des Herrn rühmen. Immer aufs Neue müssen wir dann dem HERRN bekunden, wie wunderbar Er doch vor bald 2000 Jahren in Seinem Sohn Jesus Christus gehandelt hat, als Er uns in Ihm objektiv, d.h. im Prinzip, alles übertragen hat, was je in Seinem Sohn enthalten war und ist. Und seit wir das erkennen und für uns persönlich annehmen durften, ist dies unser effektives Eigentum.

Wir erhalten diese vier zentralen Bestandteile des Lebens Christi nicht auf dem Niveau irgendeines gefallenen Menschen, sondern wohlgemerkt auf dem Niveau des HERRN! Es wird uns – wenn auch nicht fassbar – tatsächlich die Gerechtigkeit und die Heiligkeit Jesu Christi übertragen! Und was braucht der Mensch eigentlich mehr?

Das ergibt folgende Konsequenz: Haben wir das Geheimnis des Christus erkannt und uns das Leben des Herrn Jesus Christus durch kindlichen Glauben angeeignet, so sind wir genau gleich heilig, gerecht, vollkommen, weise wie der Herr Jesus Christus – herrlich, nicht wahr? Oder versuchen Sie doch einmal, aus eigener "christlichen" Leistung so heilig zu werden wie der Herr Jesus Christus. Der Gedanke ist geradezu gotteslästerlich, auf jeden Fall endet er in einer völligen Illusion. Und doch sind nach meiner langen Erfahrung die meisten wohlmeinenden "Christen" mangels besserer Erkenntnis und besseren Wissens exakt mit diesen unsinnigen Versuchen beschäftigt, auf irgendwelchen "christlichen" Wegen heiliger zu werden, indem sie Rezepte halten, "christlichen" Aktivitäten praktizieren, Mitgliedschaften eingehen usw. usw. Alles wird im Ruin enden, denn niemals wird der HERR auch nur ein Promille Seiner Ehre an den Menschen abgeben.

Wahre Heiligkeit, die uns in den Himmel bringt, gibt es nur durch ein Leben, Bleiben und Sein in Christus, d.h. durch das Verstehen und Anwenden des wahren Evangeliums des Christus. Es gibt keine eigenen Wege, um so heilig zu werden, wie Gott heilig ist. Wer aber den Herrn Jesus Christus erkannt hat, d.h. seine objektive Stellung in Christus seit bald 2000 Jahren, und sie kindlich glaubend eingenommen hat, der ist ebenso heilig und gerecht, wie es der Herr Jesus Christus selber ist und immer sein wird. Wir empfangen einzig durch kindlichen Glauben all jene Lebenseigenschaften des Herrn Jesus Christus, und zwar in vollem Ausmaß, wie sie der Herr Jesus Christus selber in sich trägt.

Weiteres praktisches Beispiel: Vollkommenheit

Um unser Verständnis für das Geheimnis des Christus zu vertiefen, greife ich noch ein zweites biblisches Beispiel auf: den Aspekt der Vollkommenheit. Wie schon erwähnt, hat der Mensch die Auflage, so vollkommen zu sein, wie der himmlische Vater vollkommen ist (Mt.5,48). Es handelt sich dabei wohlgemerkt um einen Befehl! Nun besaß Paulus in diesem Zusammenhang ein Problem, das mir mittlerweile wohl bekannt geworden ist. Wo überall er hinging, hatten die Menschen offensichtlich das Geheimnis des Christus nicht gekannt oder erkannt. Diese Menschen waren irgendwann zum Glauben gekommen und damit im landläufigen Sinne "Christen", aber die waren nicht in Christus – genau unser vorliegendes Thema. Also musste der Apostel Paulus viel Zeit investieren, um seinen Zuhörern das Geheimnis des Christus darzustellen. Doch dies war anscheinend extrem schwierig – und das ist es auch heute noch. "Christen" zu "machen" ist vergleichsweise ein kleines Problem; aber Menschen in Christus hineinzuführen, ist ein Riesenproblem, weil aus Erfahrung nur die wenigsten den Herrn Jesus Christus tatsächlich erkannt haben.

Ich zitiere den Textbezug in Kol.1,28: Ihn (Jesus Christus) verkündigen wir, indem wir jeden Menschen ermahnen und jeden Menschen in aller Weisheit lehren (warum?), um jeden Menschen vollkommen in Christus darzustellen. Im nächsten Vers erwähnt Paulus, welchen Kampf dieses Vorhaben erfordert – und heute verstehe ich ihn sehr wohl. Spricht man vor "christlichem" Publikum über irgendeinen Aspekt "christlicher" Lehre oder über Praktiken und Gesetze, ist dies meist kaum ein Problem. Versucht man jedoch, das Geheimnis des Christus darzustellen und den Menschen klarzumachen, dass sie in Christus in gleicher Weise vollkommen sind, wie der himmlische Vater vollkommen ist, so wird es äußerst anspruchsvoll und geht oft die "Hölle" los. Es ist u.a. deshalb so schwierig, weil es sich eben um ein Geheimnis handelt. "Christ" wird man einfach und oft ohne große Widerstände, aber tatsächlich in Christus hineinzukommen, ist oft extrem umkämpft. Paulus hatte gewaltige Kämpfe auszustehen, um den Menschen begreiflich zu machen, dass es nur einen einzigen Weg gibt, sich göttliche Vollkommenheit anzueignen, indem sie nämlich in Christus sein sollten. Vollkommen wird man nicht, indem man "Christ" wird, sondern indem man wahrhaft in Christus ist – und das sind tatsächlich zwei völlig verschiedene Paar Schuhe!

Letztes Beispiel: nicht mehr sündigen

Um das ganze Thema zu vertiefen, greife ich noch den Aspekt der Sünde auf. Um diese Urnot des Menschen zu lösen, war das Sterben des Herrn Jesus Christus am Kreuz von Golgatha notwendig. Nun wissen die meisten "Christen", dass der Herr Jesus Christus für ihre Sünden gestorben ist. Über das Gewissen zeigt der Heilige Geist die einzelnen Tatsünden an. Bekennt man nun die erkannten Tatsünden, macht man die herrliche Erfahrung, dass uns das Blut von Jesus Christus von jeder einzelnen Sünde befreit (1.Joh.1,7-10) und das Gewissen rein und sauber geworden ist. Soweit das Allgemeinwissen eines "Christen".

Wer nun aber das Wort Gottes genauer studiert, kommt zur provokativen Erkenntnis, dass uns durch das Sterben des Herrn Jesus Christus nicht nur Vergebung und Reinigung von unseren Tatsünden verheißen wird, sondern dass wir überhaupt nicht mehr sündigen müssten (1.Joh.3,9). Darüber werden Sie wohl kaum jemals ein Buch gelesen oder eine Predigt gehört haben. Im Gegenteil – spricht man beispielsweise Verkündiger, Pastoren und ähnliches auf diese gewaltige Tatsache an, folgen fast zu 100% nur Ausreden oder theologische Erklärungen, dass diese Aussage letztlich nicht wörtlich zu nehmen sei. Sind Sie schon einmal exakt angeleitet worden, wie diese göttliche Verheißung praktisch angewendet werden kann?

Ich muss zu meiner eigenen Schande anmerken, dass ich hinter der Stelle aus 1.Joh.3,9 lange Zeit einen Übersetzungsfehler vermutete. Denn weder hatte ich bis zu einem gewissen Zeitpunkt Sieg über die Sünde, noch kannte ich in meinem Umfeld Menschen, die dies im Alltag offensichtlich erlebten. Als ich verschiedene Übersetzungen auch in anderen Sprachen studierte, musste ich jedoch diese Ausrede streichen. Der Heilige Geist hat diese Aussage tatsächlich so ins Wort Gottes eingegeben. Wo ist aber der Knopf?

Die Antwort liegt exakt im vorliegenden Thema, nämlich im Spannungsfeld zwischen einem "Christen" und einem Menschen in Christus. Die Begründung ist im Geheimnis des Christus zu finden. Nur Menschen, die tatsächlich in Christus sind und damit aus Jesus Christus bestehen, können dieses Geheimnis entschlüsseln und es dann im Alltag auch anwenden und erfahren.

Um Ihnen das sorgfältig zu erklären, wenden wir uns deshalb konkreter dem Apostel Johannes zu, der neben Paulus wesentliche Wahrheiten zum Geheimnis des Christus definierte. Dazu zitiere ich 1.Joh.3,8-9 (mit meinen Anmerkungen in Klammern gesetzt): Wer die Sünde tut, ist aus dem Teufel (eine mehr als schockierende Wahrheit!), denn der Teufel sündigt von Anfang an. Hierzu ist der Sohn Gottes geoffenbart worden, damit er die Werke des Teufels vernichte (die Sünde ist das wesentliche Werk des Teufels!). Jeder, der aus Gott gezeugt ist (das entspricht immer einem Menschen, der tatsächlich in Christus ist), tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm; und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott gezeugt ist.

Nachdem ich mich wie erwähnt jahrelang mit der Ausrede eines Übersetzungsfehlers bei dieser Textstelle über die Runden rettete, wurde mir schließlich die genial einfache Auflösung gezeigt: Kein "christlicher" Mensch wird diese Erfahrung machen – es sei denn, er ist in Christus oder er ist aus Gott. Nur Menschen, deren Leben tatsächlich Christus ist, sind vom Anspruch der Sünde (und damit Satans) abgetrennt, so dass sie im Alltag nicht mehr sündigen müss(t)en. Die Begründung ist aus dem zitierten Vers klar ersichtlich: ... denn sein Same bleibt in ihm – oder: ... weil er aus Gott gezeugt ist. Das ist wirklich unübersehbar. Wenn man die verwendeten griechischen Worte näher studiert, wird sofort deutlich, dass dieser angesprochene Same niemand anders als der Herr Jesus Christus selber ist, der im Menschen lebt, sobald dieser eine göttliche Zeugung erlebt hat.

Wenn ein Mensch tatsächlich von oben her neu gezeugt worden ist, dann lebt der Herr Jesus Christus, der göttliche Same, tatsächlich in uns. (Zum genauen Verständnis dieses göttlichen Wunderwerkes verweise ich auf unsere Broschüre Nr. 35154 – Das Wunder der göttlichen Zeugung.) Ist ein Mensch nun in Christus und bleibt er auch tatsächlich in Ihm, dann bewirkt dessen Anwesenheit durch die Kraft Seines Blutes und Seines Heiligen Geistes jene Kraft, die uns real daran hindert, die (nach wie vor in uns wohnende) Sünde zu vollziehen. In Christus könnte ich zwar jederzeit die Sünde vollziehen – aber Seine Anwesenheit in meinem sterblichen Fleisch wird mich daran hindern, vorausgesetzt ich kooperiere mit dem HERRN. Die einzige Person im ganzen Universum, die die Sünde ein für allemal besiegt hat, ist unbestritten der Herr Jesus Christus. Er hat sie aber für uns besiegt, denn Er hatte ja keine Sünde. Und genau deshalb müss(t)en wir nicht mehr sündigen – wenn wir tatsächlich Menschen in Christus sind – denn außerhalb von Christus wird es niemals einen wahrhaften Sieg über die Sünde geben! Jeder vermeintliche und vorgetäuschte Sieg wäre reine Illusion.


Knackpunkt: der "alte Mensch"

Wo liegt letztlich der Knackpunkt bei diesem Thema? Bei unserem "alten Menschen". Jeder von uns ist naturgemäß ein solches Exemplar, denn wir alle wurden von einem irdischen Vater gezeugt, der uns die satanische Erbschaft der Sünde in die Wiege gelegt hat. Dieser "alte Mensch" ist beim üblichen "Christen" keinesfalls automatisch entmachtet worden, weil verschiedene Voraussetzungen eben fehlen. Theologisch gesehen haben sie im Normalfall die "Taufe" nicht erlebt.

Nun wird es aber schwierig – denn welche "Taufe" ist gemeint? Ich rede weder von der Taufe im Wasser noch von der Taufe in Heiligem Geist. Es ist etwas völlig anderes gemeint. Das im griechischen Grundtext verwendete Verb für "taufen" bedeutet neben dem naheliegenden Gedanken der "Reinigung" in erster Linie "vereinigen, verschmelzen, zwei Personen mit einander verbinden".

Welche beiden Personen sind wohl damit gemeint? Und schon landen wir wieder im Zentrum des Geheimnisses des Christus oder im wahren Evangelium des Christus. Der tiefe Sinn der so genannten "Taufe" ist die völlige Vereinigung oder Verschmelzung eines Menschen mit dem Herrn Jesus Christus – nicht theoretisch, sondern höchst praktisch. Aus Gottes Sicht hat ein Mensch dann die "Taufe" in den Namen Jesus Christus erlebt, wenn Er mit dem Herrn Jesus Christus in seiner persönlichen Erfahrung ganz praktisch mit dem Kreuz, dem Tod und der Auferstehung Jesu Christi vereinigt worden ist, gewirkt durch die Kraft des Heiligen Geistes. Dadurch wird die Kreuzeserfahrung von Jesus Christus zu meiner eigener Kreuzeserfahrung, Seine Todeserfahrung zu meiner Todeserfahrung und Seine Auferstehungs- oder Auferweckungserfahrung zu meiner Auferweckungserfahrung. Das ist der effektive Sinn der "Taufe", die unser "alte Mensch" zwingend erlebt haben muss. Der Aspekt des Wassers hat dagegen rein symbolischen Charakter. Die Kraft Gottes wirkt nicht im Untertauchen im Wasser, sondern in unserer effektiven Vereinigung mit dem Herrn Jesus Christus, ausgelöst durch den kindlichen Glauben.

Sie werden sich möglicherweise fragen, wo dies im Wort Gottes steht. Natürlich in den drei wesentlichen Paulusbriefen an die Römer, die Epheser und die Kolosser. Darin wimmelt es förmlich von entsprechenden Hinweisen. Und genau diesem Paulus wurde das Geheimnis des Christus (in uns) geoffenbart.

Die Mitkreuzigung des Paulus

Ich werde dies anhand von Gal.2,19b-20 nochmals praktisch (mit Anmerkungen in Klammern) erklären: Ich bin mit Christus gekreuzigt (Paulus hing aber bei der Kreuzigung Jesu nicht zur Seite Jesu, sondern zwei Verbrecher. Aber er hatte es im Glauben begriffen, dass diese stellvertretend für ihn selber dort hingen – aus Gottes Sicht hatte er also damals seine Mitkreuzigung erfahren. Ebenso müssen wir verstehen, dass wir, d.h. unser alter Mensch, ebenfalls wie die beiden Verbrecher vor bald 2000 Jahren mit dem Herrn Jesus gekreuzigt worden sind. Haben wir nun durch Glauben die Mitkreuzigung unseres alten Menschen in unserem Geist, in unserem Herzen, in unserem Sinn und Wesen effektiv erfahren, dann geschieht exakt das, was Paulus dann in Vers 20 als seine persönliche Erfahrung wiedergibt), und nicht mehr lebe ich (der alte Mensch des Paulus), sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt im Fleisch lebe (d.h. die restliche Zeit, in der ich mich noch auf dem Planeten Erde herumbewege), lebe ich im Glauben und zwar im Glauben des Sohnes Gottes (genau übersetzt, d.h. in Seinem Glauben, nicht in meinem!), der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat.

Aus diesem zentralen Text kann vieles gefolgert werden – eine entscheidende Wahrheit will ich an dieser Stelle festhalten: Wer diese beschriebene Mitkreuzigung nicht praktisch erlebt hat, trägt in Tat und Wahrheit auch den Herrn Jesus Christus nicht in sich! Er ist eben nur ein "Christ", dessen alter Mensch nicht effektiv entmachtet ist . Folglich lebt und kämpft er ständig aus seiner eigenen Kraft, aus seinem eigenen alten Wesen und aus seiner alten Natur heraus. Und es ist nicht schwierig zu verstehen, dass meine eigenen Handlungen aus meinen eigenen Wesen heraus niemals besser sein werden als mein tatsächlicher Zustand als "alter Mensch" – wie gut und "christlich" ich es auch meinen mag. Nie werden meine Taten besser sein als mein tatsächliches Wesen. Und genau diese Tatsache bringt einen aufrichtigen Menschen endgültig in den Ruin, denn irgendwann wird ihm klar werden, dass er auf diesem Weg das Ziel niemals erreichen wird.

Wie oft hatte ich in meinen ersten Jahren als "Christ" diese Stelle in 1.Joh.3,9 gelesen, bis sie mich fast zur Verzweiflung brachte: ... tut nicht Sünde ... der kann nicht sündigen. Und in Röm.6,2 las ich: Wir, die wir der Sünde gestorben sind, wie werden wir noch in ihr leben? Dies liest sich so klar und logisch – nur verstand ich die Auflösung dieses Geheimnisses nie. Der Schlüssel ist die geistliche Erfahrung der "Taufe" in den Namen Jesus Christus, d.h. die praktische Erfahrung der totalen Lebensvereinigung mit dem Herrn Jesus Christus, die darin endet, dass der Herr Jesus Christus selber mein Leben wird. Wer tatsächlich in Christus ist, wird zuvor in seinem Geist mit Sicherheit diese göttliche Neuzeugung erfahren haben, d.h., dass der himmlische Vater Seinen göttlichen Samen in uns hineingezeugt hat – und dieser Same kann niemand anders sein als der Herr Jesus Christus höchst persönlich, natürlich durch die Wirkung des Heiligen Geistes.

Im Griechischen handelt es sich beim Wort Same aus naheliegenden Gründen um ein genetisches Wort. Deshalb lässt es sich perfekt auf die zentrale geistliche Erfahrung in unserem geistlichen Leben übertragen. Wenn der ewige Gott, der himmlische Vater, tatsächlich Seinen göttlichen Samen in uns hineinzeugen sollte, dann befindet sich Kraft dieses Samens logischerweise das gesamte Erbgut Gottes in uns drin – ein absolut herrlicher Gedanke! Und genau so ist es. Durch diesen verheißenen göttlichen Zeugungsakt trägt ein Mensch in Christus das ganze Erbgut des Herrn Jesus Christus in sich drin. Wer in Wahrheit in Christus ist, trägt als logische Konsequenz dasselbe Leben und Wesen von Jesus Christus in sich drin, das Er gemäss den Evangelien auf dieser Erde auslebte.

Stellen Sie sich vor: Sie tragen das gleiche Leben in Ihrem sterblichen Fleisch, das eh und je in Christus war, ist und immer sein wird (2.Kor.4,10-11). Und dieses Wesen und Leben Christi ist u.a. immer vollkommen, heilig, gerecht, voller Weisheit, ohne Sünde und vieles mehr. Sollte dies tatsächlich zutreffen und möglich sein, so wirkt sich dies im Alltag natürlich sofort höchst praktisch und für das ganze Umfeld ersichtlich aus. Folglich erkennt man im ganz natürlichen Alltag, wenn wir durch Umstände und Menschen unter Druck kommen, in kürzester Zeit, ob wir nur ein "Christ" oder eben ein Mensch in Christus sind. Dies entspricht einer drückenden Logik. Unter Druck wird sich bei einem "Christen" über kurz oder lang stets der "alte Mensch" melden, inkl. seinem gesamten religiösen Fleisch. Dies wird beispielsweise beim Ausleben der so genannten Bergpredigt von Mt.5 sofort praktisch. Wenn der äußere Druck unsere eigenen Kräfte übersteigt, reißen in kurzer Zeit alle "christlichen" Sicherungen und das alte "Raubtier" zeigt seine Zähne.

Was aber geschieht, wenn der Herr Jesus Christus tatsächlich unser Leben ist und wir dann unter Druck gesetzt werden? Der Herr Jesus Christus oder Sein Geist wird sich in und durch uns offenbaren. Gemäss den Aussagen des HERRN verrät die Frucht immer den Zustand eines Baumes. Also wird jeder aufrichtige Mensch schnell herausfinden, ob er nur ein "Christ" ist, oder eben ein Mensch in Christus.


Folgerungen

Es ist zu erwarten, dass die logischen Folgerungen der vorliegenden Gegenüberstellung massiv ausfallen werden. Wir haben es mit zentralen geistlichen Wahrheiten zu tun, die zu kennen und zu erfahren für Sie äußerst wichtig sind.

Gottes wahres Volk

Das wahre Volk Gottes kann letztlich nur aus einem einzigen Menschen bestehen: aus dem Herrn Jesus Christus. Es ist die Gesamtheit aller Menschen, die tatsächlich in Christus sind oder aus Christus bestehen (oder die aus Gott sind – 1.Joh.4,4-6). Das ist provokativ und genial zugleich. Wer in Wahrheit mit dem Herrn Jesus Christus vereinigt worden ist, besteht konsequenterweise auch aus Ihm, Gal.3,27 (wörtlich mit richtiger passiver Zeitform): Denn ihr alle, die ihr in Christus hineingetauft worden seid, euch ist Christus angezogen worden. Wer mit dem Herrn Jesus Christus vereinigt, verschmolzen oder verwachsen ist, der ist theologisch gesehen in Wahrheit in Seinen Namen hineingetauft worden. Als Konsequenz besteht ein Mensch nun aus dem Herrn Jesus Christus, dem neuen Menschen und wird dadurch selber der neue Mensch.

Dies führt uns zum nächsten Vers aus Gal.3,28: Da ist nicht Jude noch Grieche, da ist nicht Sklave noch Freier, da ist nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus. Also gibt es nur einen neuen Menschen, und dieser neue Mensch wohnt in uns und heißt Jesus Christus. Alle Menschen, die nun diese gleiche geistliche Erfahrung gemacht haben, tragen logischerweise immer die gleichen Elemente von Jesus Christus in sich: den gleichen Geist (Christi), das gleiche Wesen, das gleiche ewige, göttliche Leben, sämtliche Bestandteile des Lebens Jesu Christi usw.

Wahre geistliche Einheit

Als eine herrliche praktische Anwendung dieser Gedanken resultiert nun u.a. die wahre geistliche Einheit unter den wahren Gliedern des HERRN. In Joh.17 betet der Herr Jesus Christus darum, dass Seine wahren Glieder oder Brüder in exakt jener Weise eins sein sollen, wie Er mit Seinem Vater. Das ist natürlich ein gewaltiges Ding! Kennen Sie Menschen, die tatsächlich in dieser praktischen Einheit leben? Die Realität in den "christlichen" Kreisen lehrt uns weitgehend das Gegenteil. Also wäre das Gebet des HERRN nicht erhört worden. Doch wer von uns würde es wagen, so etwas zu behaupten? Wenn wir es praktischerweise nicht erfahren, heißt das noch lange nicht, dass das Gebet des HERRN nicht erhört worden ist.

Tatsache ist aber ganz einfach, dass diese erbetene Einheit ausschließlich nur dort erfahren wird, wo Menschen wirklich in Christus sind. Seit bald 2000 Jahren versuchen "christliche" Menschen mit allen Mitteln, diese vorgesehene Einheit zu erzeugen. Sie werden es niemals schaffen, zumindest nicht nach den göttlichen Kriterien. Und wo liegt die Begründung? Alle "christlichen" Einheitsbestrebungen der Menschen kommen letztlich immer aus dem menschlichen Fleisch, also aus dem gefallenen Wesen des alten Menschen. Diese nun gründen Organisationen und initiieren Bewegungen, die diese Einheit erzeugen sollen. Man nennt das Ökumene, Allianz und vieles mehr. Doch alle diese menschlichen Bestrebungen – auch wenn sie noch zu gut gemeint sind, tragen immer den gleichen Nenner: Sie alle laufen auf der Basis des Humanismus, der Toleranz, der Kompromisse und des menschlichen Dialogs. Und das alles ist in Gottes Augen völlig untauglich und endet mit Bestimmtheit in der religiösen Illusion.

Menschen, die wirklich in Christus sind, werden dagegen mit Sicherheit immer eins sind, vorausgesetzt sie bleiben in Christus. Ihre Einheit lebt nicht von menschlichen Werten und Bemühungen. Die Quelle ihrer Einheit kommt vom Geist, und dieser Geist heißt Jesus Christus oder der Geist Christi. Alle Menschen in Christus tragen in sich den gleichen neuen Menschen (Jesus Christus). Also tragen sie in sich auch den gleichen Geist, eben den Geist Christi. Und weil es nur einen Geist Christi gibt, können sie niemals anders als eins sein, vorausgesetzt, dass sie in Christus sind und bleiben. Einheit unter Menschen in Christus ist immer Frucht oder Logik. Sie ist nicht die Frucht intensiver menschlicher Anstrengung, sondern die Frucht des gemeinsamen Lebens und Geistes.

Dazu zwei sehr tiefe Textstellen. Eph.4,3-4: Befleißigt euch, die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens: Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung! Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allen und durch alle und in allen ist. Man bezeichnet dieses herrliche Thema die "siebenfachen Einheit", die typisch ist für Menschen, die wahrlich in Christus sind.

Eph.2,18-22: Denn durch ihn haben wir beide durch einen Geist den Zugang zum Vater. So seid ihr nun nicht mehr Fremde und Nichtbürger, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Gottes Hausgenossen. (Ihr seid) aufgebaut auf der Grundlage der Apostel und Propheten, wobei Christus Jesus selbst Eckstein ist. In ihm zusammengefügt, wächst der ganze Bau zu einem heiligen Tempel im Herrn, und in ihm werdet auch ihr mitaufgebaut zu einer Behausung Gottes im Geist. Beachten Sie bitte die Zahlworte, die hervorgehoben wurden. Der gemeinsame Nenner ist stets der gleiche, nämlich der Herr Jesus Christus. Alle, die tatsächlich aus Jesus Christus bestehen, die sind gemäß dem Apostel Johannes auch aus Gott. Sie alle tragen den gleichen Samen in sich, sprich das Leben und Wesen Christi. Sie besitzen den gleichen Geist , das gleiche Wesen, die gleiche (göttliche) Natur. Also kann die logische Folge nur sein, dass sie in gleicher Weise eins sind, wie der Herr Jesus Christus mit Seinem himmlischen Vater und wir mit Ihm. Und das ist schon der Weg zur Vollendung des Menschen – wenn Sie das fassen können!


Wie wird man ein Mensch in Christus?

Nachdem nun sorgfältig aufgearbeitet wurde, was der Unterschied zwischen einem üblichen "Christen" und einem Menschen in Christus ist, kläre ich abschließend die Frage, wie man konkret ein Mensch in Christus werden könnte. Dazu schlage ich zwei Schritte vor:

1. Informationen beschaffen.

An diesem Punkt empfehle ich dringend das sorgfältige Studium der zentralen Paulusbriefe (v.a. Römerbrief, Epheserbrief, Philipperbrief und Kolosserbrief)! Achten Sie dabei intensiv auf die scheinbar nebensächlichen Worte wie "in" oder "mit" (Christus). In praktisch jedem Fall werden Sie dort eine so genannte objektive Tatsache entdecken. Wie weiter oben dargestellt handelt es sich dabei immer Bestandteile des Lebens und der Erlösung Jesu Christi, die Ihnen der himmlische Vater aus reiner Gnade und Liebe bereits vor bald 2000 Jahren in Christus bereitgestellt hat. Sobald Sie die Formulierung "in" oder "mit Christus" antreffen, zeigt Ihnen der Heilige Geist den objektiven Blickwinkel Gottes, d.h. die Bereitstellung von völlig unverdienten Gnadengeschenken, sobald Sie tatsächlich in Christus sind. Aus Gottes Sicht liegt alles für Sie bereit. Alles, was Sie noch benötigen, ist diese Tatsachen zu erkennen (= Jesus Christus erkennen) und sie anschließend im kindlichen Glauben für Sie persönlich anzunehmen oder zu aktivieren. Bleiben Sie in der Folge wirklich in Christus, werden Sie alle Elemente des Lebens Jesu prozesshaft immer stärker erfahren.

Weil dieses wunderbare Evangelium für viele doch anscheinend so kompliziert ist, haben wir deshalb zur Hilfestellung eine ausführliche Anleitung in Buchform verfasst, indem dieses ganze Evangelium oder Geheimnis des Christus von Grund auf dargestellt wird und der Anmarschweg zur konkreten Erfahrung in logischen Schritten angewiesen wird. Es trägt den Titel "Erlöst, befreit, geheilt in Jesus Christus" – Seelsorgebuch Nr. 2 und ist nur in unserem Verlag erhältlich (Bestellnummer 01002). Dieses Buch enthält nebenbei erwähnt eine sorgfältige Auslegung des Römerbriefes von Kapitel 3-8.

2. Kapitulieren und sich völlig dem Heiligen Geist unterstellen.

Den zweiten Schritt würde ich so definieren – doch weshalb diese seltsame Anweisung? Wie weiter oben abgehandelt, ist unser "alter Mensch" der Knackpunkt. Und die Lösung dieses Problems kann ausschließlich nur durch die praktische Erfahrung der Mitkreuzigung mit dem Herrn Jesus Christus erfolgen. Dies jedoch entspricht dem so genannten "schmalen Weg" oder der "engen Pforte", die gemäss dem Herrn Jesus Christus nur von einer kleinen Minderheit goutiert werden. Dadurch wird schnell klar, dass dieser "schmale Weg" oder diese "enge Pforte" jenen Prozess darstellt, wo wir Begriffe wie "Elend", "Leiden" und "Zerbruch" antreffen – eben die praktische Erfahrung des Kreuzes, also der praktischen Mitkreuzigung unseres "alten Menschen" mit dem Herrn Jesus Christus. Bekanntlich ist der Herr Jesus Christus der einzige Weg zum Vater (Joh.14,6). Also entspricht Er auch dem "schmalen Weg" oder der "engen Pforte", denn Er ist auch die "Türe" (Joh.10,7). Es existiert kein anderer Weg ins ewige Reich Gottes, als durch die völlige Vereinigung mit dem Herrn Jesus Christus über die praktische Erfahrung Seines Kreuzes, Seines Todes und Seiner Auferstehung.

Jeder andere Weg ist automatisch der "breite Weg", und wohlgemerkt im "christlichen" Bekenntnis. Viele Menschen legen diese Aussagen Jesu einfach schwarz-weiß aus: Der "schmale Weg" repräsentiert die "Christen" – völlig unabhängig ihres geistlichen Zustandes und Verhaltens – und der "breite Weg" steht für den Rest der Menschheit. Dies ist ein fataler Irrtum und typisch für die gesamte babylonische Verwirrung und die antichristlichen Tendenzen unserer Tage in den so genannten "christlichen" Kreisen. Der "schmale Weg" ist ohne Zweifel der Weg in Christus hinein – und dieser Weg geht nur durch eine "Türe" oder eine "enge Pforte". In beiden Fällen geht es um konkrete Erfahrung der Mitkreuzigung des "alten Menschen" mit dem Herrn Jesus Christus.

Daher werden Sie nun den ersten Teil der Anweisung verstehen: Kapitulation für den "alten Menschen", d.h. Endstation für den "alten Menschen" und anschließend die herrliche Erfahrung der Mitauferweckung mit Christus. Doch weshalb sich dem Heiligen Geist unterstellen? Weil nur der Heilige Geist unseren individuellen Weg über das Kreuz ganz in Christus hinein kennt. Dieser Weg wird niemals ein bequemer, angenehmer und leichter Weg sein. Wir reden hier nicht mehr von einem (amerikanischen) Powerevangelium oder Wohlstandsevangelium, auch nicht von einem humanistischen oder sozialen Evangelium – oder gar von einem ökumenischen Evangelium oder ähnlichem. Nein – es ist diskussionslos der Weg des Kreuzes.

Damit der neue Mensch (der Herr Jesus Christus) in uns durchbrechen kann, muss der alte zwingend und wirkungsvoll ans Ende geführt werden. Diesen Weg kennt nur der Heilige Geist, weshalb es weitaus am Besten ist, sich dem Heiligen Geist bedingungslos zu unterstellen und Ihm keinen Widerstand zu bieten. Wird der "alte Mensch" durch die Wirkung des Heiligen Geistes ans Ende getrieben, so wird es eng und schmerzhaft – doch das ist der wahre Preis für das Leben in Christus, den jeder bezahlen muss. Fällt das Weizenkorn nicht in die Erde und stirbt, so bleibt es allein und bringt auch niemals wahre und ewig bleibende geistliche Frucht (vgl. Joh.12,24-25). Der "neue Mensch", nämlich der Herr Jesus Christus in uns, kann sich immer nur dann offenbaren, wenn der "alte Mensch" (unsere total verdorbene Existenz und gefallene Natur) am Ende ist. Und sollten Sie durch das wunderbare Werk des Heiligen Geistes tatsächlich dorthin geführt werden, so warten schmerzhafte Entscheidungen und Scheidungen auf Sie – und das muss zwingend so sein! Es werden sich "Christen" möglicherweise in Mengen von Ihnen lösen und distanzieren, denn "Christen" und Menschen in Christus werden in Ewigkeit niemals zusammenpassen. Doch dafür werden Sie den Herrn Jesus Christus, Sein Leben und Sein Wesen gewinnen – und das macht schließlich den Punkt aus (vgl. Phil.3,7-16). Wer Dinge loslässt, die der Heilige Geist anspricht, wird stets der Gewinner sein und mit Sicherheit immer bessere Inhalte (zurück-)erhalten!


Fazit

Nach Gottes ewigen Plänen und Blickwinkel existiert für Sie nur ein einziger Platz, wo Sie wirklich hingehören, echt umgewandelt werden und zur Vollendung gelangen – und dieser Platz heißt das Kreuz und bedeutet die völlige Vereinigung oder Verschmelzung mit dem Herrn Jesus Christus zu einer geistlichen Einheit. Das ist Berufung, Bestimmung und Schicksal gleichzeitig. Durch Seinen Tod hat uns der Herr Jesus Christus gewaltigste Bestandteile Seines ewigen und göttlichen Lebens bereitgestellt, die wir dringend und zwingend benötigen und auch vorweisen müssen, um in Gottes ewige Herrlichkeit eingehen zu können.

Zur Illustration greife ich nochmals Elemente wie "Sieg über die Sünde", "Heiligkeit" oder "Vollkommenheit" auf. An verschiedenen Stellen des Wortes Gottes lernen wir, dass diese Eigenschaften von uns gefordert werden – wir können sie jedoch nach göttlichen Kriterien niemals aus uns selber erzeugen. Leben wir nun aber tatsächlich in Christus, nachdem wir die Mitkreuzigung des "alten Menschen" erfahren haben, tragen wir diese verheißenen Lebensbestandteile des Herrn Jesus Christus perfekt und dauerhaft in uns. In Christus sind bekanntlich alle Verheißungen Ja und Amen (2.Kor.1,20). Folglich besitzen wir nur durch unser Sein, Ruhen und Bleiben in Christus auch tatsächlich Sein Leben, Sein Wesen und Seine göttliche Natur (2.Pt.1,4). Dies geschieht ausschließlich nur durch unser Einssein mit dem Herrn Jesus Christus – wie eben der Herr Jesus Christus mit Seinem Vater eins war und ist. Nur durch das Einssein mit dem Herrn Jesus Christus erreichen wir unser Ziel der göttlichen Berufung. Einen anderen Weg kennt das Wort Gottes in Tat und Wahrheit nicht!

Und was schließen wir daraus? Das der heute übliche "christliche" Weg zur totalen Verführung wird oder werden kann. Deshalb ist eine konsequente Rückorientierung zum ewigen Wort Gottes absolut zwingend, v.a. wenn es um das Thema "Christus in uns" geht, über das verschiedene Apostel durch die Inspiration des Heiligen Geistes schrieben. Dabei sticht in besonderer Weise der Apostel Paulus heraus, der jenes von Gott erwählte Offenbarungsinstrument darstellt in Bezug auf das Geheimnis des Christus. Ein Studium seiner Briefe erachte ich als außerordentlich entscheidend.

Was für Früchte resultieren aus diesen Ausführungen? Wenn Sie tatsächlich ein Mensch in Christus und damit in Wahrheit in Christus sind, dann werden Sie logischerweise das gleiche Leben leben, wie es der Herr Jesus Christus auf dieser Erde lebte. Noch besser: Genau genommen lebt der Herr Jesus Christus Sein Leben durch Sie selber – jede Sekunde Ihres irdischen Daseins. Um zu erfahren, wie sich dieses Leben dann konkret auswirkt, haben Sie lediglich die Evangelien und die Apostelgeschichte zu lesen. Diese werden zu einer Art zur Checkliste, ob Sie tatsächlich in Christus sind. Sie werden voller Erstaunen feststellen, dass Sie prozesshaft immer deutlicher das analoge Leben leben – mitten im hektischen Alltag, wohlgemerkt! Damit wird Ihr Leben immer deutlicher mit jenem Leben Christi übereinstimmen, das uns in den Evangelien überliefert wird.

Und wenn Sie sich dann mit dem Vers aus Mt.5,48 (Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!) auseinandersetzen, werden Sie hinfort kein schlechtes Gewissen mehr haben. Inzwischen wissen Sie, dass der Schlüssel zur Auflösung dieses göttlichen Befehls der Herr Jesus Christus selber ist, der als der vollkommene neue Mensch in Ihnen wohnt. Als Mensch in Christus sind Sie bereits auf dem Weg zur Vollkommenheit. Vollkommenheit meint wohlgemerkt nicht Perfektionismus, sondern ausgereift sein, ausgewachsen sein, zur Vollendung gekommen, das Ziel erreicht haben.

Mit großer Freude werden Sie feststellen, dass in Christus alle scheinbar unerreichbaren Forderungen der Lehrbriefe plötzlich erfüllt sind – oder sich zumindest immer mehr erfüllen – denn natürlich handelt es sich um einen Prozess, wie alles im Leben. Die Frucht des Geistes offenbart sich immer herrlicher (Gal.5,22). Sie brauchen in Überforderungen im Alltag nicht mehr zu explodieren oder mit ähnlichen unpassenden Reaktionen aufzuwarten – sondern Sie ruhen in Christus. Und wenn Ihnen Unrecht geschieht, kommt nicht mehr der Ruf nach dem nächsten Anwalt – nein, Sie ruhen einfach in Christus und segnen Ihre Widersacher. Das ist jene Freiheit, zu der Sie in Christus berufen wurden (Joh.8,32-36; Gal.5,1.13).

Alle diese herrlichen Anweisungen finden wir v.a. in den zentralen Paulusbriefen und im 1.Johannesbrief. Dieser enthält u.a. eine geniale Checkliste, um herauszufinden, ob ein Mensch wirklich in Christus oder aus Gott ist. Ein Beispiel dazu aus 1.Joh.4,20: Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott und hasst seinen Bruder, ist er ein Lügner. In den bald 30 Jahren meines Dienstes musste ich am meisten Hass von Seiten der "Christen" erdulden. Nicht dass ich nachtragend oder deswegen verbittert wäre, denn ich weiß, wer und was dahinter steckt. Aber jedenfalls wird der Herr Jesus Christus niemals hassen. Ein "Christ", der hasst, kann daher in Tat und Wahrheit niemals in Christus sein – er betrügt und belügt sich selbst. Im wahren Reich Gottes gibt es kristallklare Gegenüberstellungen: Hass oder Liebe! Und so findet jeder aufrichtige Mensch schnell heraus, ob er nur ein religiöser "Christ" ist, oder ob er ein Mensch in Christus ist. Der Heilige Geist wird jeden wahrhaftigen Menschen auch in dieser Hinsicht in alle Wahrheit führen.

Solange wir biologisch noch leben, ist es nicht zu spät, um zu kapitulieren, zusammenzubrechen und von vorne neu zu beginnen. Um diese Entscheidung kommt kein aufrichtiger Mensch herum, denn es ist der gottgegebene Weg ins Himmelreich – und dieser Weg läuft immer durch das Kreuz. Jeder andere Weg ist und bleibt ein furchtbarer Irrweg! Und der Weg des Kreuzes ist immer noch der gleich Weg, den der Herr Jesus Christus gegangen ist. Das wäre wahre Nachfolge.


Vater im Himmel, ich danke Dir, dass Du uns Dein wunderbares Wort hinterlassen hast, damit wir diese gewaltigen Geheimnisse Deiner wahren Gnade entdecken dürfen, gewirkt von Deinem wunderbaren Heiligen Geist. Danke, Herr Jesus Christus, dass Du auch diesem Leser klarmachst, wo er wirklich steht. Danke, dass Du in Deiner unbegreiflichen Liebe jeden aufrichtigen Menschen abholen wirst und dass der Himmel immer noch offen steht für jeden Menschen, der in seinem tiefsten Herzen zu Dir umkehrt. Danke, dass Du für uns viel, viel mehr bereit hältst als "Christentum" und "christliche" Tugenden. Du hast für uns Dein Leben, Dein Wesen und vor allem eine Ewigkeit in Deiner Herrlichkeit bereit – und diese hat gerade erst begonnen. Herr Jesus Christus, ich danke Dir, dass Du durch Deinen Heiligen Geist dieses unvollkommene und unvollständige Werk in diesen Ausführungen weiterführen und jeden aufrichtigen Menschen zur Vollendung führen wirst. Amen.


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