Was war noch an meinem Weinberg zu tun, das ich nicht an ihm getan hätte?– Jes.5, 4

Die Not ist allgegenwärtig. Wir „Gläubigen“ haben stets zu wenig, z.B. Kraft, Glauben, Weisheit, Gesundheit und vieles mehr an Defiziten – geistlich, seelisch, körperlich und materiell. Doch für Abhilfe ist ja gesorgt: das Gebet. Schließlich hat der HERR auf das Gebet des Gerechten große Verheißungen gelegt (Spr.15, 29; Joh.14, 14; 15, 7; 16, 24; Jak.5, 16). Also sind wir ständig damit beschäftigt, die Stillung all unserer Nöte und Bedürfnisse vom „Himmel“ herunterzubeten. Und tatsächlich erleben wir auch gelegentlich erfreuliche Gebetserhörungen. Nur sind diese oft von kurzer Dauer, weshalb wir unsere „Gebetsmühlen“ von Neuem in Bewegung setzen. Immerhin sagt ja Jakobus, dass wir nichts haben, weil wir nicht bitten (Jak.4, 2). Und der Herr Jesus Christus ermutigt uns: Bittet, und es wird euch gegeben werden (Mt.7, 7). Also bewegen wir uns doch auf biblischem Fundament und ist doch an diesem Verhalten nichts Verkehrtes zu bemängeln – meinen wir.

Doch eine Frage sei erlaubt: Bitten wir eigentlich um das Richtige? Die Antwort finden wir, wenn wir das Gebetsleben beispielsweise des Herrn Jesus Christus und des Apostels Paulus sorgfältig studieren. Schnell werden wir feststellen, dass sie nicht um Stillung ihrer eigenen (ungestillten) Bedürfnisse beteten, sondern fast ausschließlich für diejenigen ihrer Umgebung. Das hätte zur Konsequenz, dass unser übliches Gebetsleben doch sehr egozentrisch gelagert wäre und vermutlich wesentlich von Unglauben und Unwissenheit geprägt ist. Denn offensichtlich hatten der Herr Jesus Christus und Paulus keine ungestillten, persönlichen Bedürfnisse und waren deshalb frei, ihre gesamte Kapazität für ihre Nächsten und die Verpflichtungen im Reich Gottes zu nutzen.

Hinter dieser wohl eher leidvollen Situation stehen mehrere massive Defizite. Wir haben sowohl ein mangelhaftes bis verkehrtes Gottesbild, als auch erhebliche Lehrmängel in Bezug auf die tatsächliche Erlösung, verbunden mit der korrekten Erkenntnis des Herrn Jesus Christus. So haben die meisten Gläubigen oft keine Ahnung, was ihnen in Christus seit bald 2‘000 Jahren völlig legal zustehen würde – z.B. die Stillung all ihrer geistlichen, seelischen und körperlichen Bedürfnisse. Hatte nicht der Herr Jesus Christus gesagt, dass wir keinen Hunger und keinen Durst mehr haben sollten (Joh.6, 35)? Ganz offensichtlich haben wir meistens keinen Schimmer davon, wer unser himmlischer Vater und v.a. sein Sohn Jesus Christus tatsächlich sind – und v.a., wer wir in Christus tatsächlich sind – oder wären! Konsequenterweise sind wir ständig damit beschäftigt, herrlichste Heilsgüter, die uns längst gehören würden, durch ziemlich ungläubige Gebete vom „Himmel“ herunterzuholen (Röm.10, 6-7) – statt durch Glauben und Bekenntnis in den Geschenken Gottes zu leben (Röm.10, 8-13) und v.a. zu ruhen (die Erfüllung der Sabbatruhe – Hebr.4, 1-11).

Das ewige, göttliche Prinzip ist seit Anbeginn der Schöpfung stets das gleiche: Was immer der Mensch braucht, schenkt uns der uns über alles liebende, himmlische Vater im Voraus – und zwar absolut perfekt! So setzte Er die beiden ersten Menschen in eine perfekte, biologische Umgebung mit bereits bestehender, perfekter Versorgung. Die Menschen mussten nur noch darin leben und sich alles bereits Bestehende aneignen. Sie fanden also praktisch ein „Schlaraffenland“ vor mit unbegrenzten Ressourcen – zumindest, solange sie im Gehorsam in der Gegenwart Gottes lebten.

Später ging es mit seinem auserwählten Volk Israel analog weiter. Der HERR befreite die Hebräer, das Volk Israel, bis auf die letzte Klaue (2.Mo.10, 26) aus dem ganzen Machtbereich von Pharao und den Ägyptern (= Satan und alle Fürstentümer und Gewalten etc.). Der HERR öffnete ihnen den Weg durch das Rote Meer (= die Kreuzeserfahrung) und führte sie anschließend durch die Wolken- und die Feuersäule bis ins verheißene Land (= die Wirkungen des Heiligen Geistes). Er versorgte sie übernatürlich mit dem Manna und mit Wasser (= sämtliche Lebenswirkungen des Herrn Jesus Christus – 1.Kor.10, 4). Und Er bevollmächtigte sie, das verheißene Land einzunehmen (= sämtliche Segnungen in Christus).

Genau das greift der Prophet Jesaja auf: Was war noch an meinem Weinberg zu tun, das ich nicht an ihm getan hätte (Jes.5, 4)? Von Gottes Seite war alles seit Anbeginn der Schöpfung perfekt und vollständig bereitgestellt worden – hier symbolisch der Weinberg (Jes.5, 1-2). Und hätte etwas gefehlt, hätte es der HERR Israel auch noch geschenkt.

Doch dann übertrug der HERR dem Menschen geistliche und moralisch-ethische Verantwortung. Israel sollte dem HERRN seine Liebe und den Glaubensgehorsam entgegenbringen, ausgedrückte Liebe und ausgedrücktes Vertrauen. Was immer der HERR zuvor vollzogen hatte, war gewissermaßen seine Investition. Doch dann suchte Er die Frucht (der Liebe, des Glaubens, der Gerechtigkeit etc.) – und fand keine. Während der HERR Israel perfekt versorgte, versagte der Mensch durch Ungehorsam, Unglauben, Bequemlichkeit Faulheit, Misstrauen, Rebellion etc. (1.Kor.10, 1-11).

Diesen gesamten Zusammenhang greift dann der Herr Jesus Christus im Gleichnis von den bösen Weingärtnern treffend auf: Mk.12, 1-9. Wieder deutlich zu erkennen: Der HERR hatte einseitig alles getan und bereitgestellt – der Mensch versagte völlig in der Verantwortung, der Verwaltung, der Ehrerbietung und im fleißigen Eifer. Als Konsequenz beendete der HERR vorläufig die Heilspläne mit Israel und startete das Heilszeitalter für die Heidenvölker (Röm.11, 25). Aber feststeht: Der HERR hatte für Israel alles perfekt zur Verfügung gestellt, so dass Israel problemlos jedes Ziel (z.B. die irdische Verwaltung des Königreiches Gottes) hätte erreichen können. Doch weil Er keine Frucht fand, verwarf Er Israel (vorläufig).

Im Neuen Bund wiederholt sich das gleiche göttliche Prinzip – nun gegenüber uns Heidenvölker. Nur hat dieser Neue Bund vorzüglichere Verheißungen und Grundlagen (Hebr.8, 6). Es war v.a. der Apostel Paulus, dem die göttlichen Heilspläne in seinem Sohn Jesus Christus enthüllt wurden (Röm.16, 25-26; Gal.1, 11-12; Eph.3, 4-9). Während im Alten Bund die gläubigen Juden das Gesetz vollständig zu erfüllen hatten, um zu leben (Röm.10, 5; Gal.5, 3), ist das elementare geistliche Wirkungsprinzip Gottes im Neuen Bund schlichtweg phänomenal. Durch das Prinzip der Identifikation setzte der ewige Gott und HERR den Menschen in Christus ein und übertrug damit alles, was der Herr Jesus Christus ist und vollzog, vollständig auf den Menschen – prinzipiell, wohlgemerkt!

Dieses Prinzip kommt u.a. immer dann zum Ausdruck, wenn Paulus die Formulierung in Christus verwendet (z.B. Eph.1, 3-7). Gott setzte also den Menschen durch das Kreuzeswerk in Christus ein und übertrug ihm einseitig sämtliche Lebenseigenschaften seines Sohnes Jesus Christus und damit jede geistliche Stellung und göttliche Segnung. So übergab uns der HERR alles, was in Jesus Christus enthalten ist und was Er uns durch sein Sterben am Kreuz erworben hat. Er schenkte uns in Christus ALLES (Röm.8, 32) – das göttliche Liebesprinzip der wahren Gnade. Dabei hat der HERR an alles gedacht. Jede göttliche Forderung an den Menschen (z.B. seine Gesetze und Gebote) hat der Herr Jesus Christus perfekt erfüllt. Ist nun ein Mensch tatsächlich in Christus, hat er ebenfalls alle Gebote und Gesetze erfüllt (z.B. das Sabbatgebot – Hebr.4, 1-11). Jede göttliche Eigenschaft, die der HERR sucht und die ein Mensch zwingend vorweisen muss (z.B. Heiligkeit – 1.Pt.1, 15-16), ist in Christus enthalten und gehört uns im vollen Ausmaß – wenn wir wahrhaft in Christus sind. So ist Er unsere Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit und Erlösung, (1.Kor.1, 30), unser Friede (Joh.14, 27; Eph.2, 14), unsere Freude (Joh.15, 11; 17, 13), unsere Kraft (2.Kor.12, 9-10; Phil.4, 13) usw.

Wie damals bei Israel kommt nun aber die volle Verantwortung im Neuen Bund auf jeden einzelnen Menschen. Der HERR hat uns in Christus zwar alles perfekt bereitgestellt – aber real gehört uns anfänglich rein gar nichts. Deshalb heißt die korrekte Reihenfolge:

  1. Den Herrn Jesus Christus korrekt erkennen, d.h. alles, was uns in Ihm geschenkt wurde und was wir in Christus seit Golgatha sind (Eph.1, 15-23; 3, 14-19; Kol.1, 9;2, 2-3 etc.).
  2. Den Herrn Jesus Christus richtig annehmen, d.h. jeden erkannten Aspekt seines geschenkten Lebens müssen wir Punkt um Punkt im kindlichen Glauben abholen und aktivieren – sonst gehen wir völlig leer aus und sind die totalen Verlierer für Zeit und Ewigkeit – wie Israel im Alten Bund.
  3. In Jesus Christus bleiben (Joh.15, 4-7). Durch ein anhaltendes Leben in der Reinigung und Heiligung (2.Kor.7, 1) bleiben wir in ungetrübter Lebensgemeinschaft mit dem Herrn Jesus Christus. Solange ist Er in uns anwesend und enthüllt die gesamte Fülle seines Lebens und alle seine herrlichen Lebenseigenschaften. Auf diese Weise erreichen wir jedes von Gott geforderte Ziel, erfüllen jedes Gesetz, werfen die von Gott gesuchten Früchte ab, erreichen in Gottes Weinberg unsere Berufung und Erwählung und vieles mehr.

Statt um alle diese Dinge zu beten, holen wir sie besser laufend durch Bekenntnis und Glauben ab (Röm.10, 8-13; Hebr.6, 12). Dann sind wir die reichsten Menschen, weil der HERR alles für seinen Weinberg bereitgestellt hat – weil in Christus alles vollbracht ist (Joh.19, 30)!


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